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Koalitionsverhandlungen: Schwarz-Gelb: Still und einig

In der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es viel Übereinstimmung zwischen Union und FDP – und Kontinuität zur großen Koalition.

Von Hans Monath

Berlin - Wenn die Zahl von Schlagzeilen die Wichtigkeit eines Themas bei den Koalitionsverhandlungen anzeigen würde, müsste man Union und FDP gegenwärtig völliges Desinteresse an der Außen- und Sicherheitspolitik unterstellen. Fast ohne öffentliche Debatte verlaufen die Verhandlungen der Arbeitsgruppe, die am Donnerstag zum ersten Mal zusammentrat. Nur Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) meldete sich einen Tag zuvor zu Wort und erklärte eine FDP-Forderung für nicht verhandelbar: „Für die Union ist die Wehrpflicht unverzichtbar.“

Für Aufsehen erregende Forderungen sehen die Verhandler von Union und FDP wenig Anlass, weil sie in ihren Positionen nah beieinander liegen. Das ist der Grund, warum auch ein Experte wie der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Eberhard Sandschneider, Kontinuität erwartet. Zwar setze jede Regierung eigene Akzente, meint der Politikwissenschaftler: „Aber eine dramatische Kehrtwende oder grundsätzliche Verschiebungen der deutschen Außenpolitik erwarte ich nicht.“

Schon Anfang Mai hatte Westerwelle vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik eine Grundsatzrede gehalten („Deutsche Außenpolitik aus liberaler Perspektive“). Der Außenminister im Wartestand wollte vor dem fachkundigen Publikum seine Kompetenz demonstrieren. Die wichtigste Botschaft war das Bekenntnis zur Kontinuität deutscher Außenpolitik – nicht nur zu der Hans-Dietrich Genschers, sondern auch zu jener der großen Koalition. Nur mit seiner Forderung nach dem Abzug der taktischen US-Nuklearwaffen aus Deutschland setzte der Redner einen Akzent.

Zwar blockt Westerwelle Fragen nach seinem künftigen Ministerium konsequent ab. Doch das Auswärtige Amt bereitet sich intern längst auf den neuen Chef vor. Die anstehende Neubesetzung mehrerer wichtiger Posten wird offen gehalten, damit dem Steinmeier-Nachfolger Handlungsspielraum bleibt. Doch dürfte auch beim Personal die Kontinuität größer sein als in anderen Häusern, in denen der Chef wechselt: So hatte etwa Joschka Fischer (Grüne) 1998 in seinen engsten Stab Leute übernommen, die eng mit seinem Vorgänger Klaus Kinkel (FDP) zusammengearbeitet hatten.

Zweifeln an der Eignung des politischen Generalisten Westerwelle für das Amt des Außenministers widerspricht Sandschneider energisch. Die Behauptung sei falsch, dass sich Westerwelle in den vergangenen Jahren nicht mit außenpolitischen Fragen auseinandergesetzt habe. Und das Außenamt habe „immer wieder gezeigt, dass es fachfremde Politiker schnell einarbeiten kann“, meint der Politikwissenschaftler.

Dabei sieht Sandschneider für die Außenpolitik der neuen Regierung durchaus unbequeme Herauforderungen – vor allem auch im transatlantischen Verhältnis. So sei offen, ob es der deutschen Diplomatie gelingen könne, „einen strategischen Konsens mit den USA zu wesentlichen Fragen hinzukriegen“. Vor allem beim Verhältnis zu China und Russland seien die Positionen der deutschen und amerikanischen Regierung weit auseinander. Konflikte sieht der Forschungschef auch beim Thema Afghanistan. Die deutsche Außenpolitik habe „einen Riesenbammel vor amerikanischen Forderungskatalogen, etwa dem Ruf nach mehr deutschen Soldaten“. Die Ruhe, mit der gegenwärtig über Außen- und Sicherheitspolitik gesprochen wird, wäre dann schnell dahin.

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