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Die Kurden halten weiter die von dem IS belagerten Stadt Kobane.

© dpa

Kobane: Türkei lässt kurdische Kämpfer passieren

Nach einem Telefongespräch mit US-Präsident Barack Obama soll der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eingeknickt sein. US-Flugzeuge werfen Waffen und Munition über der belagerten Stadt Kobane ab, die von kurdischen Kämpfern gehalten wird.

Die kurdischen Verteidiger von Kobane erhalten erstmals direkte Waffenlieferungen der USA und auch Hilfe der Türkei. US-Flugzeuge warfen mehrere Dutzend Ladungen an Waffen, Munition und medizinischen Hilfsgütern über der belagerten nordsyrischen Stadt an der Grenze zur Türkei ab. Offenbar unter dem Druck ihrer westlichen Verbündeten gab die türkische Regierung unterdessen ihren Widerstand gegen militärische Hilfsmaßnahmen für Kobane auf und erlaubte erstmals den Transfer kurdischer Kämpfer aus dem Nordirak über türkisches Staatsgebiet nach Kobane. Beide Entwicklungen könnten dazu beitragen, die Dschihadisten-Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) in Kobane zu besiegen.

Die von den US-Flugzeugen abgeworfenen Waffen für Kobane stammten aus Beständen der nordirakischen Kurden, die sowohl mit den USA als auch mit der Türkei verbündet sind. Nach einer Meldung der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu handelte es sich um leichte Schusswaffen, also keine Rüstungsgüter, die gegen die Panzer und die Artillerie des IS viel ausrichten können. Doch die Waffenlieferung unterstreicht die Entschlossenheit der US-Regierung, Kobane zu einer Entscheidungsschlacht gegen den IS zu machen. Wenn die Dschihadisten in Kobane gestoppt werden können, wäre das ein schwerer Rückschlag für die Expansionspläne des von den Extremisten ausgerufenen Kalifats in Syrien und im Irak.

Der Kampf ist nicht entschieden - Kobane kann immer noch fallen

Mit bisher 135 Luftangriffen auf die IS-Verbände bei Kobane haben die USA und ihre arabischen Verbündeten den Vormarsch der Dschihadisten zumindest vorerst zum Stillstand gebracht. Mehrere hundert IS-Kämpfer wurden bei den Luftangriffen getötet und Dutzende von Fahrzeugen und Waffen zerstört, wie das US-Militär mitteilte. Trotz der Erfolge sei die Gefahr für Kobane aber noch nicht gebannt: „Kobane kann noch fallen.“

Weitere Unterstützung bekommen die Kurden in Kobane nun von kurdischen Peschmerga aus dem Nordirak. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bestätigte am Montag kurdische Medienberichte, wonach die Peschmerga über türkisches Staatsgebiet in die eingeschlossene syrische Stadt gelangen. Vorausgegangen war eine entsprechende Bitte der Regierung der nordirakischen Kurdenzone. Türkische Medien berichteten, der Transfer von Waffen und Peschmerga nach Kobane habe bereits begonnen.

Bisher hatte die Türkei diese von den Kurden geforderte „Korridorlösung“ für den Transport von Verstärkungen für Kobane über ihr Territorium abgelehnt. Aus Sicht von Präsident Recep Tayyip Erdogan kämpft in Kobane eine Terrororganisation gegen eine andere: der IS gegen die syrische Kurdenpartei PYD, einen Ableger der türkisch-kurdischen Rebellengruppe PKK. Hilfe für die Kurden in Kobane ist nach diesem Verständnis also Hilfe für die PKK, die auch im Westen als Terrororganisation eingestuft wird.

Erdogan nimmt nun die entgegengesetzte Haltung ein

Noch kurz vor der US-Waffenlieferung hatte Erdogan eine solche Unterstützung für die Kurden durch den Nato-Partner ausdrücklich als „sehr, sehr falsch“ bezeichnet. Aber die USA sind offenbar nicht mehr bereit, auf die Türkei Rücksicht zu nehmen. Präsident Barack Obama rief Erdogan an, um ihn darüber zu informieren, dass sich die USA mit dem Abwurf der Waffen über türkische Bedenken hinwegsetzen würden.

Das Ziel Washingtons sei die Vernichtung des IS, kommentierte die Kolumnistin Amberin Zaman auf Twitter. „Ob die Türkei nun mitmacht oder Zuschauerin bleibt.“ Angesichts dieser Haltung der USA entschloss sich die türkische Führung offenbar zu einer abermaligen Kursänderung und machte den Weg für die „Korridorlösung“ frei. Der regierungskritische Journalist Oguz Karamük schrieb auf Twitter, Erdogan sei bei Obamas Telefonat eingeknickt und tue jetzt das genaue Gegenteil von dem, was er bis zum Wochenende vertreten habe. Die Türkei hatte sich bisher aus der aktiven Bekämpfung des IS herausgehalten. Als Gegenleistung für eine aktive Teilnahme seines Landes fordert Erdogan, dass die Alliierten auch gegen die Armee des syrischen Präsidenten Baschar al Assad vorgehen müsse. Das lehnen die USA aber ab.

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