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Kofferbomben: Anschlag zur WM geplant

Die versuchten Kofferbombenanschläge auf zwei Regionalzüge sollten ursprünglich während der Fußball-Weltmeisterschaft verübt werden. Motiviert wurden die Attentäter wohl durch den Karikaturen-Streit und den Tod des Terroristen al-Sarkawi.

Essen/München - Das habe sich bei der Vernehmung der Tatverdächtigen herausgestellt, heißt es in einem Bericht der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die Gepäckstücke mit dem Sprengstoff waren vor rund fünf Wochen in den Bahnhöfen in Dortmund und Koblenz sichergestellt worden.

Anders als die Terroristen vom 11. September 2001 seien die Kofferbomben-Attentäter nicht in islamistischen Ausbildungslagern geschult und von dort aus gezielt eingesetzt und gesteuert worden. Die islamistischen Terroristen der neuen Generation fänden sich kurzfristig zu kleinen Zellen zusammen.

Die geplanten Bombenattentate sind nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) durch die Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen motiviert gewesen. Der in Kiel gefasste Youssef Mohamad E. H. interpretierte dies als "Angriff der westlichen Welt auf den Islam", sagte BKA-Chef Jörg Ziercke dem Nachrichtenmagazin "Focus". Dies sei die Initialzündung für die Kofferbomber gewesen.

Als weiteres Motiv nannte Ziercke den Tod des Terroristen Musab al-Sarkawi am 7. Juni im Irak. "Die beiden Hauptverdächtigen glaubten, dass der internationale Terrorismus einen seiner wichtigsten Köpfe verloren hatte", sagte Ziercke. Der BKA-Chef bezog sich dabei auf Aussagen des im Libanon inhaftierten mutmaßlichen Mittäters Jihad Hamad. Zwar hätten die Beschuldigten über eine "gewisse Grundideologie" verfügt, die Radikalisierung habe jedoch erst in Deutschland stattgefunden und zwar durch Propaganda von Al-Qaida über das Internet. Auf diesem Weg hätten die beiden auch Pläne für den Bau der Sprengsätze bezogen. Die Ermittler hätten eine Anleitung gefunden, die zu 90 Prozent der gebauten Bombe entsprochen habe. "Nur in einem Punkt weicht sie von dem Plan ab - hier lag der handwerkliche Fehler", sagte Ziercke.

Tatverdächtige handelten nicht spontan

Der BKA-Chef widersprach der Ansicht, dass es sich bei den Attentätern um Dilettanten handelte. Die beiden hätten fest damit gerechnet, dass ihr Plan aufgeht. "Dann wären entscheidende Spuren vernichtet worden", sagte Ziercke. Die Beschuldigten hätten nicht spontan gehandelt. So hätten sie wochenlang, wenn nicht sogar seit Beginn des Streits um die Mohammed-Karikaturen, Fahrpläne der Deutschen Bahn studiert. "Die Täter wollten auf jeden Fall, dass diese Bomben hochgehen", betonte Ziercke. Eine Explosion hätte mit Sicherheit dazu geführt, dass Verletzte oder gar Tote zu beklagen gewesen wären.

Bilder der Videoüberwachung zeigten, dass die beiden zusammengewirkt hätten, sagte der BKA-Chef. Sie hätten sich konspirativ verhalten und sich ab einem bestimmten Zeitpunkt getrennt, um keinen Verdacht auf sich zu ziehen. Das BKA prüfe derzeit, ob die Männer noch weitere Anschläge planten. Die entscheidende Frage sei, warum der Kieler Bombenleger nach seiner Flucht in den Libanon wieder nach Deutschland zurückkehrte, obwohl er wusste, dass das Attentat fehlgeschlagen war. "Vielleicht hat er da schon weiter gedacht", sagte Ziercke. (tso/ddp)

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