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Politik: "Kohl bringt die gesamte CDU ins Zwielicht" - was Politiker der Union und anderer Parteien dem ehemaligen Bundeskanzler bisher zu sagen hatten

Am 30. November gab Alt-Kanzler Kohl die Existenz von Geheimkonten in seiner Amtszeit als Parteivorsitzender der CDU zu.

Am 30. November gab Alt-Kanzler Kohl die Existenz von Geheimkonten in seiner Amtszeit als Parteivorsitzender der CDU zu. Danach verlagerte sich die Diskussion von Kohl weg hin zum jetzigen Parteichef Schäuble, der zugeben musste, selbst eine 100.000-Mark-Spende erhalten zu haben, die nicht im Rechnungsbericht auftauchte. Am Dienstag forderte der CDU-Vorstand Kohl nachdrücklich dazu auf, sein ganzes Wissen zu offenbaren. Andernfalls müsse er seinen Ehrenvorsitz ruhen lassen. Kurz darauf legte der Ex-Bundeskanzler sein Ehrenvorsitz nieder. Im Folgenden haben wir zum einen Stimmen auf den gestrigen Beschluss der CDU zusammengestellt, zum anderen die Reaktionen auf das Verhalten Kohls vor und nach seiner gestrigen Entscheidung, sein Ehrenamt niederzulegen.

"Der Verlauf dieses Gesprächs mit Helmut Kohl hat diesen Beschluss nötig gemacht."

Wolfgang Schäuble, CDU-Chef am Dienstag.

"Am Verhalten Kohls gibt es nichts zu verniedlichen, aber auch nichts zu hysterisieren. Das gleiche gilt für Gesetzestreue. An den Verdiensten Kohls ändert sein Verstoß nichts. Er wird dadurch aber auch nicht entschuldigt."

Christian Wulff, CDU-Landeschef in Niedersachsen im Januar.

"Kohl bringt die gesamte CDU ins Zwielicht, weil er die Gründe für sein Schweigen im Dunkeln lässt."

Heiner Geißler, Ex-CDU-Generalsekretär im Januar.

"Es ist Zeit für eine Zäsur. Dies wäre ein Zeichen, dass von der Bevölkerung verstanden werden könnte. Ich meine deshalb, es wäre das Beste für alle Beteiligten, wenn sich Helmut Kohl zu einem geordneten Rückzug aus der Politik entschließen könnte. Ein solcher Schritt wäre für ihn kein Schuldeingeständnis."

Michael Luther, stellvertretender Unions-Fraktionschef im Januar.

"Wir müssen aus der Gequatsche-Ecke raus und als Partei ein Zeichen setzen, dass wir den Schaden gut machen wollen. Zehn Mark pro Mitglied sind doch nicht zu viel: So kämen aber mehrere Millionen Mark zusammen, die die Partei als Wiedergutmachung an den Bundestag zahlen könnte."

Clemens-August Krapp, CDU-Kreisvorsitzender von Vechta im Januar.

"Ich fordere Helmut Kohl auf, jetzt endlich für Klarheit zu sorgen. Sein Schweigen wird jeden Tag schlimmer für die CDU.

Johann Wadepuhl, Generalsekretär der CDU Schleswig-Holsteins im Januar.

"Völlig klar ist, dass niemand über dem Gesetz steht. Auch nicht ein ehemaliger Bundeskanzler."

Peter Kurth, CDU-Finanzstaatssekretär in Berlin im Januar.

"Bei allem Respekt vor seinen Erfahrungen und seinen Leistungen: Die Kohl-Zeit ist vorbei. Kohl wäre gut beraten gewesen, sein Parlamentsmandat nach der Wahl 1998 nicht mehr anzunehmen."

Ole von Beust, Chef der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft im Januar.

"Ich sehe überhaupt keinen Grund für eine Distanzierung von Kohl."

Jürgen Rüttgers, CDU-Chef in NRW im Dezember.

"Ich warne davor, Helmut Kohl trotz seines schweren Fehlers wegzuschicken. Die CDU benötigt auch in Zukunft Kohls Rat und Autorität."

Roland Koch, Ministerpräsident in Hessen im Dezember.

"Die von Helmut Kohl eingeräumten Vorgänge haben der Partei Schaden zugefügt. Ein Wort zu halten und über Recht und Gesetz zu stellen, mag vielleicht bei einem rechtmäßigen Vorgang noch verstanden werden, nicht aber bei einem rechtswidrigen. Vielleicht ist es nach einem langen politischen Leben, wie Helmut Kohl es geführt hat, wirklich zu viel verlangt, von heute auf morgen alle Ämter niederzulegen. Die Partei muss laufen lernen, sich zutrauen, auch ohne ihr altes Schlachtross den Kampf aufzunehmen und eigene Wege zu gehen."

Angela Merkel, CDU-Generalsekretärin im Dezember.

"Das Präsidium erwartet, dass Helmut Kohl dieser Bitte nachkommt. Dies ist erforderlich, um weiteren Schaden von der Partei abzuwenden."

Wolfgang Schäuble, CDU-Chef, zur Frage, ob Kohl die Namen der Spender offen legen soll. Im Dezember.

"Wegen meines großen Respektes verbiete ich mir, Helmut Kohls Integrität in irgendeiner Form in Zweifel zu ziehen. Ich stelle nur fest: Wenn Spenden in Millionenhöhe nicht im Rechenschaftsbericht einer Partei auftauchen, ist das keine zu vernachlässigende Kleinigkeit."

Guido Westerwelle, FDP-Generalsekretär im Dezember.

"Kohl wird sein Wort nicht brechen, selbst wenn ihm Gefängnis droht."

Peter Gauweiler, CSU-Politiker im Dezember.

"Na selbstverständlich grüße ich Helmut Kohl noch."

Angela Merkel, CDU-Generalsekretärin im Dezember.

"Ich hatte und habe zu Helmut Kohl ein sachliches und kollegiales Verhältnis."

Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister in Berlin im Dezember.

"Ob das Ansehen von Helmut Kohl nachhaltig erschüttert wird, hängt nicht zuletzt von ihm ab; von der Frage, wie zielstrebig und umfassend er mit seinem eigenen Wissen und Erinnerungsvermögen zur Aufklärung beiträgt. Ganz unabhängig von diesen überraschenden Belastungen ist es ein gutes Prinzip, dass derjenige, der sein Amt abgibt, seinen Nachfolger in voller Verantwortung arbeiten lässt. Ich glaube, dass Helmut Kohl die bedeutsamste Persönlichkeit der deutschen Zeitgeschichte ist. Aber er sollte nicht mehr in der aktiven politischen Arbeit prägend sein. Notwendig ist ein Schnitt."

Günther Oettinger, CDU-Fraktionschef in Baden-Württemberg im Dezember.

"Die Partei muss jetzt den Umgang mit Helmut Kohl für sich klären. Denn er beschließt ja als Abgeordneter weiterhin im Bundestag über Gesetze - und hat selbst das Grundgesetz und weitere Gesetze grob missachtet."

Gunda Röstel, Grünen-Vorstandssprecherin im Dezember.

"Ich empfinde es als bedrückend, was (Kohl) da widerfährt. Bedrückend auch dann, wenn er selber schuld daran ist. Was ich gefährlich finde, ist das in seiner Erklärung zu Tage tretende Staatsverständnis. Da waren ein paar Formulierungen, die noch erklärt werden sollten. Die schauten so aus, als seien formale Regelungen weniger wichtig als persönliche Freundschaften. Das kann im Privaten richtig sein, aber wenn man damit Missachtung von Gesetzen erklären will, ist das nicht unproblematisch."

Gerhard Schröder, Bundeskanzler, im Dezember.

"Deswegen waren es ja Sonderkonten. Damit wir nichts mitbekommen."

Volker Kauder, CDU-Generalsekretär in Baden-Württemberg im Dezember.

"Wir haben in der Sitzung des Präsidiums der CDU die gesamte Angelegenheit intensiv erörtert. Wir haben die Erklärung unseres Ehrenvorsitzenden mit großem Respekt zur Kenntnis genommen. Wir sind uns einig, dass es überhaupt keinen Zweifel daran gibt, dass Entscheidungen der Regierung von Helmut Kohl niemals käuflich gewesen sind. Genauso einig sind wir uns alle, dass sich alle Beteiligten in keiner Weise in irgendeiner Form persönlich bereichert haben."

Wolfgang Schäuble im Dezember.Die Spendenaffäre im Internet: www.meinberlin.de/forum im Kanal Politik

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