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Satelliten-Aufnahmen russischer Verteidigungsanlagen in Cherson, östlich des Flusses Dnjepr.

© Maxar/ISW

Kommt eine neue Offensive in Cherson?: Zwei Schwächen in der Verteidigung machen die russischen Truppen verwundbar

Wie geht es nach der Eroberung der Provinzhauptstadt Cherson weiter? Satelliten-Aufnahmen geben Hinweise und offenbaren, wo Russland Probleme drohen.

Nach der Rückeroberung der Provinzhauptstadt Cherson stehen sich im Süden des Landes ukrainische und russische Truppen weitgehend statisch gegenüber. Heftige Angriffe seitens der Russen gibt es derzeit vor allem in der Region Donezk in der Ostukraine. Im Süden verläuft der Dnjepr als natürliche Grenze: die ukrainischen Truppen am westlichen Ufer, die russischen auf der östlichen Flussseite.

Der Fluss galt bisher als schwer zu überwindendendes Hindernis, die Antoniwkabrücke als Hauptverkehrsader wurde durch die heftigen Kämpfe in den vergangenen Wochen zerstört.

Die Analysten des renommierten US-Militär Think Tanks „ISW“ evaluieren die Lage auf Basis aktueller Satelliten-Bilder der Firma Maxda jedoch neu. Demnach lassen kürzlich errichtete Verteidigungsanlagen darauf schließen, dass Russlands Befehlshaber durchaus mit einer ukrainischen Offensive jenseits des Ostufers rechnen.

Ein russisches Militärfahrzeug auf der mittlerweile zerstörten Antonovsky-Brücke in der Oblast Cherson.

© imago/ITAR-TASS / Imago/Sergei Bobylev

„Satellitenbilder zeigen, dass die russischen Streitkräfte vorrangig Schützengräben ausgehoben und Panzerabwehrstellungen entlang der kritischen Versorgungslinien errichtet haben, die die Streitkräfte am östlichen Ufer des Dnipro mit den südöstlichen Gebieten in der Oblast Cherson und der Krim sowie mit den östlichen Regionen um Melitopol in der Oblast Saporischschja verbinden“, schreiben die ISW-Experten. Verstärkte Vorkehrungen, die die ukrainischen Truppen abhalten sollen, den Fluss zu überqueren, seien nicht zu erkennen.

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Auch der australische Militär-Experte Mick Ryan schätzt eine weitere ukrainische Offensive im Osten Chersons als ein mögliches Szenario ein.

„In Cherson ist der Fluss, ebenso wie für die Russen, kaum mehr zu überqueren. Die Verteidigungslinien sind dort zu dicht und die Brücken zerstört. Weiter im Norden vom Kakhova-Staudamm aus, in der Region Saporischschja oder von Dnipro aus könnten die ukrainischen Truppen aber versuchen, in Richtung Melitopol vorzustoßen“, sagte er kürzlich im Interview mit dem Tagesspiegel.

Russlands Verteidigungsstellen weisen Schwächen auf

Dabei weisen die neuen russischen Verteidigungslinien laut ISW Schwächen auf:

  • Die russischen Verteidigungsanlagen seien primär rund um die kritischen Versorgungsrouten (beispielsweise Straßen) errichtet worden, „auf den Feldern dazwischen sind es nur eine Handvoll“, schreibt das ISW. Dementsprechend anfällig sind dort die Verteidigungslinien, insbesondere dann, wenn die ukrainische Armee Panzer oder andere Kettenfahrzeuge einsetzen sollte.

    Auch bei den bisherigen Offensiven hätte sich die Ukrainer auf diese neuralgischen Punkte konzentriert. Mit Blick auf westliche Waffenlieferungen kritisieren Experten jedoch, dass die ukrainischen Streitkräfte insgesamt zu wenige Kettenfahrzeuge erhalten hätten.

    „Dass der Westen die Ukraine nicht stärker mit Kettenfahrzeugen, Schützenpanzern und Kampfpanzern ausgestattet hat, führte vor dem Winter zu einer verpassten Chance, die Russen weiter zurückzudrängen“, sagte beispielsweise der Militär- und Russland-Experte Nico Lange dem Tagesspiegel.
  • Ein weiteres Problem für Russland sieht das ISW in der taktischen Ausrichtung der Verteidigungsanlagen. Ein Großteil der Stellungen sei auf Feuergefechte auf und nahe den jeweiligen Straßen ausgerichtet. Die Flanken hin zu den angrenzenden Feldern bezeichnen die Experten hingegen „als offen“. Zudem lägen viele der Stellungen zu weit auseinander, um sich bei der Versorgung gegenseitig zu unterstützen, „was sie für ukrainische Umzingelungen verwundbar macht“.

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Für Russland steht in Cherson viel auf dem Spiel

Für Russland besitzen die Regionen östlich des Dnipro kriegstaktisch eine große Bedeutung. Sie „umfassen fast alle verbleibenden Routen, die für die Aufrechterhaltung der militärischen Operationen in der Südukraine wichtig sind, einschließlich der beiden Hauptautobahnen, die das südliche Festland der Ukraine mit der Krim verbinden“, heißt es im Bericht des ISW.

Russland müsse sich im Falle einer ukrainischen Offensive jenseits des Ost-Ufers entscheiden, ob es bereits eingesetzte Truppen dorthin verschiebt oder ob die Verteidigungslinien mit Soldaten aus der Teilmobilisierung aufgestockt werden.

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