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Politik: Kompromisse – ohne uns

No-Global-Treffen in Paris: Von den Parteien hält man wenig

Es ist kalt in Paris. Trotzdem stehen in diesen Tagen Tausende auf der Straße an, um einen Sitzplatz in einer der Debatten des Europäischen Sozialforums zu ergattern. Um die „Medien und soziale Kämpfe“ geht es da oder um „eine andere Bildung in einer anderen Welt“. Am begehrtesten war das Plenum zum „Irak-Krieg“. 2500 Menschen nahmen daran teil. „Es ist offenkundig, dass die politischen Lager, ob links oder konservativ, nicht fähig sind, so viele Menschen zu versammeln“, schreibt die Pariser Zeitung „Le Monde“. Diese geraten im Gegenteil häufig selbst ins Visier der globalen Kritiker. „Denn die traditionellen Parteien schaffen es nicht mehr, den Menschen ihre immer individueller werdenden Bedürfnisse zu erfüllen“, sagt der Berliner Soziologe und Politikwissenschaftler Nils Diederich dem Tagesspiegel.

Der Wunsch, sich gesellschaftlich zu engagieren, habe aber nicht abgenommen. Deswegen „gehen viele zu solchen Gruppen wie Attac, zu aktionsorientierten Netzwerken ohne Verpflichtungen.“ Diese seien besonders reizvoll für junge Menschen „weil die zu einer grundsätzlichen Haltung neigen, und keine pragmatischen Kompromisse eingehen wollen. Da sind Parteien nicht der richtige Ort“, so der Wissenschaftler.

Dabei sind die alternativen Bewegungen teilweise sehr widersprüchlich. Es sind heterogen zusammengesetzte Organisationen, „die keine Macht haben wollen und kaum überzeugende Alternativen anbieten“, formuliert „Le Monde“. Doch der Widerstand bleibt nicht wirkungslos. „Attac ist ein typisches Produkt der Mediengesellschaft“, sagt Diederich. „Die Gruppen wissen, dass Massenmobilisierung, wie sie derzeit in Paris stattfindet, einen Politiker kaum überzeugen kann.“ Aber mit ihren Aktionen, wie die Anti-Mc-Donalds-Demonstration am Donnerstag auf den prachtvollen Pariser Champs-Elysées, zwingen sie die Politik dazu, sich mit ihren Forderungen auseinander zu setzen.

„Das Auftreten solcher Bewegungen ist immer ein Warnsignal“, sagt Diederich. „Die Parteien sollten es sehr ernst nehmen“, rät der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete. „Das heißt nicht, dass man versuchen sollte, die Leute durch Schmeichelei einzufangen, sondern dass man in der Sache reagiert.“

Maxi Leinkauf

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