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An der Grenze zwischen dem Kosovo und Serbien eskalierte am Mittwoch die Gewalt.

© AFP

Konflikt um Grenzübergänge zu Serbien: Es brennt im Kosovo

Im Norden des Kosovo sind die Spannungen zwischen Serben und Albanern am Mittwoch eskaliert. Serbische Demonstranten setzten am Abend die beiden Grenzübergänge des Kosovo zu Serbien in Brand.

Angezündet wurde zunächst die Container-Zollstation beim Grenzübergang Jarinje, später auch die Station in Brnjak. Die Brandstifter sollen vermummt gewesen sein. Ob Personen verletzt wurden, war zunächst unklar. Die EU-Polizeimission Eulex verstärkte ihre Präsenz an den Grenzübergängen.

Zuvor hatten Serben einen Hubschrauber der Friedenstruppe Kfor beschossen und die Zufahrt zu den Grenzposten wieder blockiert. Die Serben werfen der Kfor vor, pro-albanisch zu handeln. Die Kfor soll Zöllner und Grenzpolizisten albanischer Nationalität an einen Grenzübergang geflogen haben. Bisher taten dort praktisch nur Kosovo-Polizisten serbischer Nationalität Dienst. Das versuchte die kosovarische Regierung zu Beginn der Woche zu ändern. In der Nacht zum Dienstag hatten albanische Sondereinheiten der kosovarischen Polizei (Rosu) die zwei Grenzübergänge besetzt. Im ersten Anlauf gelang nur die Übernahme eines Postens, weil die Serben Straßenblockaden errichtet hatten und aktiven Widerstand leisteten. Bei Zusammenstößen sollen drei Serben und fünf kosovo-albanische Polizisten verletzt worden sein. Ein Polizist erlag am Mittwoch seinen Verletzungen, er soll von einem serbischen Heckenschützen getroffen worden sein.

Unmittelbar nach den Zusammenstößen versuchten der deutsche Kommandeur der Kfor, General Erhard Bühler, sowie Vertreter Belgrads die Lage zu beruhigen. Die Verhandlungen unter Einschluss der Kosovo-Serben dauerten am Mittwoch an. Serbien und die Kosovo-Serben erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an. Unmittelbar nach Ausrufung der Unabhängigkeit im Februar 2008 waren die beiden Grenzposten von aufgebrachten Serben niedergebrannt worden.

Der serbisch dominierte Norden ist der albanischen Mehrheit des Kosovo seit dem Ende des Nato-Krieges 1999 ein Dorn im Auge. Er wird eher von Belgrad als von Pristina kontrolliert. De facto herrscht fast völlige Rechtlosigkeit: Der Schmuggel mit Serbien blüht. Belgrad bekämpft jede Integration des Nordens in die Institutionen des Kosovo und versucht recht erfolgreich, die Konsolidierung des von Korruption und Armut geprägten Staates zu erschweren. So lässt Serbien keine Waren aus dem Kosovo passieren, die den Zollstempel des unabhängigen Kosovo tragen. Nach mehr als zwei Jahren verhängte nun Pristina Gegenmaßnahmen und blockiert alle Importe aus Serbien, das im ersten Halbjahr 2011 Waren im Wert von mehr als 200 Millionen Euro in den Kosovo lieferte. Doch im Norden des Kosovo wurde dieser Embargo-Beschluss an den beiden Grenzübergängen nicht umgesetzt, und das führte schließlich zum Einsatz der Sonderpolizei.

Seit einigen Monaten verhandeln Belgrad und Pristina in Brüssel über sogenannte technische Fragen, beispielsweise über Autokennzeichen oder über die Kartierung des Landes. Im Juli gerieten die Gespräche ins Stocken. Der jüngste Zwischenfall zeigt einmal mehr, wie wichtig eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo ist – zum einen für Serbiens EU-Ambitionen, aber auch für eine dauerhafte Stabilisierung des Balkans. Serbien hofft darauf, von der EU bis Jahresende den Status eines Beitrittskandidaten zu erhalten. Diese Hoffnung wächst nach der Auslieferung des letzten gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechers. Doch Belgrad sollte nicht vergessen, dass die EU keine neuen Konflikte will. Das Tempo der EU-Annäherung wird also vom Tempo der Entspannung der albanisch-serbischen Beziehungen maßgeblich mitbestimmt.

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