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Kongo

© dpa

Kongo: Rebellen erreichen Goma

Die Lage im Ostkongo wird immer dramatischer. Erste Truppen des Rebellengenerals Laurent Nkunda erreichten am Mittwochnachmittag die Provinzhauptstadt Goma.

Nach ersten Kämpfen in der Stadt rief Rebellengeneral Laurent Nkunda am Abend einen einseitigen Waffenstillstand in der ostkongolesischen Region Nord Kivu aus, wie er dem Sender BBC erklärte. "Wir sind nicht weit von Goma", fügte er hinzu. Er forderte die Regierungstruppen auf, seinem Beispiel zu folgen und die Kampfhandlungen einzustellen.

In Goma selbst herrschte allgemeine Panik, wie Augenzeugen berichteten. Alle versuchten, Goma so schnell wie möglich zu verlassen. Die UN forderten alle Hilfsorganisationen auf, ihr Personal unverzüglich aus Goma abzuziehen.

UN und EU sind tief besorgt

Die Vereinten Nationen und die Europäische Union zeigten sich tief besorgt. Der französische Außenminister Bernard Kouchner sprach sich für die Entsendung von bis zu 1500 Soldaten aus der EU aus. Deutschland rief die Konfliktparteien auf, die Waffen umgehend niederzulegen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Der Sprecher von World Vision Kevin Cook sagte in Nairobi: "Wir werden unsere Mitarbeiter nach Ruanda zurückziehen, sobald die Sicherheitslage das erlaubt". Mehrere Mitarbeiter befänden sich selbst im Strom der Flüchtlinge, denen sie zu helfen versuchten.

Rebellen in der Offensive trotz Friedensabkommens

Die Rebellenarmee hatte seit Beginn ihrer Offensive am Wochenende mehrere Städte eingenommen und eine Massenflucht ausgelöst. Nach schweren Kämpfen in Rutshuru an der Grenze zu Uganda flohen tausende Kongolesen in das Nachbarland. Andere versuchten, wie schon in den vergangenen Tagen, zu Fuß nach Goma zu gelangen.

Im Januar war in Goma ein Friedensabkommen unterzeichnet worden, das von allen Konfliktparteien wiederholt gebrochen wurde. Nkunda begründet seinen Kampf mit dem Schutz der kongolesischen Tutsi. In der Region sind auch Hutu-Milizen aktiv, die nach dem Völkermord im benachbarten Ruanda 1994 in das damalige Zaire geflohen waren.

"Flüchtlinge sind dem Hungertod nahe"

Bereits in den vergangenen Tagen war die Arbeit von Helfern zunehmend gefährlich geworden. So wurden am Dienstag Caritas- Mitarbeiter nach der Verteilung von Lebensmitteln in der Region Goma von Soldaten der Regierungstruppen ausgeraubt. Caritas International rief zu Spenden für die mehr als eine Million Flüchtlinge auf, die durch den Konflikt im Ostkongo entwurzelt wurden. Allein seit dem Wiederaufflammen der Kämpfe Ende August flohen rund 250 000 Menschen. "Den Flüchtlingen fehlt es an allem, was zum Überleben nötig ist, vor allem Nahrung und Trinkwasser. Manche Flüchtlinge sind dem Hungertod nah", sagte die deutsche Caritas-Sprecherin Ursula Hartwig.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Konfliktparteien zu einer sofortigen Feuerpause auf. Er sei "tief besorgt" über die Zahl der getöteten Zivilisten und wegen der vor den Kämpfen fliehenden Bevölkerung. "Die Situation in Goma ist besorgniserregend", sagte Ban. Er habe Gespräche mit den Regierungen im Kongo und im benachbarten Ruanda sowie mit europäischen und afrikanischen Politikern geführt, um über eine Beilegung des Konflikts zu beraten. Der Weltsicherheitsrat in New York wollte noch im Laufe des Mittwochs zu einer Krisensitzung zusammenkommen.

Kouchner für EU-Militäreinsatz

EU-Chefdiplomat Javier Solana forderte "alle Konfliktparteien und insbesondere die (Rebellenorganisation) CNDP zu größter Zurückhaltung" auf. "Die Zivilisten sind wieder einmal die Hauptopfer der Gewalt", bedauerte er. Solana lobte die Arbeit der UN-Friedenstruppe MONUC und verurteilte Angriffe auf die UN-Blauhelmsoldaten. Die CNPD wird von Nkunda geführt.

Frankreichs Außenminister Kouchner sprach sich für einen EU-Einsatz im Ostkongo aus. Er halte eine Truppe mit bis zu 1500 Soldaten für sinnvoll, sagte er in Paris. Diese sollte innerhalb von acht bis zehn Tagen einsatzbereit sein. Die EU hatte 2006 mit einem Einsatz unter Führung der Bundeswehr die MONUC bei der Absicherung der Wahlen unterstützt. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte: "Die Konflikte in der Region werden sich nur im Dialog lösen lassen." In Nord Kivu drohe eine "politische und humanitäre Katastrophe". (bai/dpa)

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