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Konjunkturpaket: Schulden stören das Gleichgewicht

Die neuen Schulden könnten 2009 auf über 100 Milliarden Euro steigen. Doch das ist nicht alles. Es gibt noch andere Risiken. Union und SPD denken unterdessen über den Verkauf von Gold nach.

Eigentlich sollte er nach dem Willen der Bundesregierung schon längst abgeschafft und durch eine striktere Schuldenbremse ersetzt sein. Aber nun darf der Artikel 115 des Grundgesetzes doch noch einmal zeigen, was man mit ihm machen kann. Und Artikel 115 erlaubt das Schuldenmachen über die Investitionen im Etat hinaus "zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts". Und eine schlimmere Gleichgewichtsstörung hat die Gesamtwirtschaft in den letzten Jahrzehnten nicht gehabt. Das zweite Konjunkturpaket, mit dem die Bundesregierung gegen die Krise kämpfen will, führt zu beträchtlichen Ausgaben und auch Einnahmeausfällen in den Haushalten von Bund und Ländern. Mit dem am Dienstag beschlossenen Nachtragshaushalt für 2009 steigt der Rahmen für die Neuverschuldung daher von 18,5 auf 36,8 Milliarden Euro.

Das ist aber noch nicht alles. 21 Milliarden Euro umfasst der Sonder-Fonds, aus dem 2009 und 2010 zusätzliche Investitionen bezahlt werden sollen. Vier Milliarden davon sind für die Zinsen vorgesehen. Sebastian Panknin vom Bund der Steuerzahler glaubt, dass ein Großteil der Summe schon in diesem Jahr ausgegeben wird, denn die Gelder müssen schnell fließen, sollen sie einen positiven Effekt haben. "Und es wird gerne vergessen, dass aus dem Bankenrettungsschirm weitere Kosten auf den Staat zukommen", sagt Panknin. "Hier lauern weitere Schulden in Höhe von bis zu 70 Milliarden Euro." Die Beteiligung an der Commerzbank ist bereits erfolgt, demnächst steht wohl die Hypo Real Estate an. Summiert man Planungen und Schätzungen, kann es im schlimmen Fall durchaus zu einer Neuverschuldung des Bundes von weit über 100 Milliarden Euro in diesem Jahr kommen.

Die Zinsen dürften steigen

Ob die im Etat geplante Neuverschuldung von 36,8 Milliarden Euro reicht, weiß niemand. Die Bundesregierung rechnet mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 2,25 Prozent - was zu erheblichen Steuerausfällen führt. In der Regierung geht man von etwa elf Milliarden Euro aus, gut fünf davon beim Bund. "Wir nehmen an, dass das reicht", heißt es. Wenn aber die Steuerschätzung im Mai ergeben sollte, dass die konjunkturbedingten Ausfälle wachsen, muss Finanzminister Peer Steinbrück nochmals nachlegen. Sollte die Arbeitslosigkeit zudem stark steigen, drohen weitere Steuerausfälle und Mehrleistungen an die Bundesagentur für Arbeit.

Ein weiteres Risiko: Mit der Flut von Staatsanleihen, die durch die Verschuldungspolitik weltweit auf die Märkte drückt, dürften die Zinsen steigen. Das aber verringert das Potenzial zur Schuldentilgung. Zwar erwarten viele Experten ein Ansteigen der Inflation, was letztlich die Schuldenlast "kalt" verringert - aber das führt auch zu einer Entwertung der Vermögen und Einkommen.

Die Angst vor Inflation hat schon viele mehr oder weniger Betuchte dazu getrieben, Gold zu kaufen. Der Goldpreis ist seit dem Herbst stark gestiegen. Aber ein sicherer Hafen ist das möglicherweise bald auch nicht mehr. Denn in der Krise könnten die Staaten weltweit dazu übergehen, einen Teil ihrer Goldreserven zu verkaufen, um die Verschuldung nicht ausufern zu lassen. Und das drückt den Preis. Selbst in der CDU denkt man schon darüber nach. Deren Haushaltsexperte Steffen Kampeter sagte in einem "Cicero"-Interview, die Goldreserven seien ja gerade für den Krisenfall angelegt worden. Carsten Schneider, Haushaltspolitiker der SPD, sagte dem Tagesspiegel: "Wir freuen uns, dass sich nun auch die CDU der Verwendung der Goldreserven nicht mehr verschließt und diese zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen einsetzen will." Die Linkspartei ist für, die FDP gegen Goldverkäufe. Der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin sagte, die Forderung sei "völlig falsch". Zudem gebe es im Euroraum gemeinsame Kriterien, die den Goldverkauf auf 2500 Tonnen beschränkten. Deutschland besitzt etwa 3400 Tonnen.

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