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Politik: Konsequent auch im Wandel - der ehemals angelernte Politiker gewinnt zunehmend an Format

Als Jörg Schönbohm erklärte, er wolle seine politische Karriere in Brandenburg fortsetzen, mussten manche in Berlin lächeln. Das klang zu abenteuerlich, zu naiv, zu trotzig.

Als Jörg Schönbohm erklärte, er wolle seine politische Karriere in Brandenburg fortsetzen, mussten manche in Berlin lächeln. Das klang zu abenteuerlich, zu naiv, zu trotzig. Der Innensenator hatte sich als PDS-Gegner in Stellung gebracht; er bezog zwar ein Haus in Kleinmachnow, blieb aber ein Mann des Westens; er hatte sich schmeicheln lassen von den innerparteilichen Gegnern Eberhard Diepgens und manövrierte sich geblendet ins Abseits. Dieser Mann wollte Stolpe herausfordern und die märkische CDU auf Vordermann bringen? Wie denn?

Heute lächelt nur noch Schönbohm. Stolpe ist zwar nicht geschlagen, aber angeschlagen; die CDU ist zwar nicht führende Kraft im Land, wird aber zum ersten Mal seit 1990 richtig geführt. Und Schönbohm selbst? Mit dem Wechsel scheint aus ihm ein anderer Politiker geworden zu sein. Schönbohm bescheinigt der PDS, langsam in der Bundesrepublik "angekommen" zu sein; früher hätte er den Blick zuerst auf die Gruppen der Partei gelenkt, die seiner Ansicht nach verfassungsfeindlich wirken. Schönbohm warnt vor Rechtsextremismus und kritisiert Richter, die seiner Ansicht nach Fremdenfeindlichkeit nicht hart genug ahnden; früher hätte er zunächst gemahnt, nicht den Linksextremismus zu vergesssen. Schönbohm spricht von Augenmaß und Sensibilität; früher hat er beides bisweilen vermissen lassen. Ist Schönbohm wirklich ein anderer geworden? Oder ist die erkennbare Veränderung nur die Folge des Bemühens, immer das zu sagen, was dort, wo man gerade ist, am liebsten gehört wird?

Bei Schönbohm mischen sich Einsicht und Taktik. Die PDS hat sich nicht erst aufgemacht zum Marsch Richtung Bundesrepublik, seit er Vorsitzender der CDU in Brandenburg ist, aber sie ist auch nicht so schnell unterwegs, wie es Schönbohms Wandel erscheinen lässt. Sicher würde er anders sprechen, wäre er noch in Berlin. Aber jetzt ist Schönbohm eben einen Schritt voraus, vor allem jenen, die nur von der Berliner Luft leben.

Der Wechsel von Berlin nach Brandenburg hat aus dem angelernten Politiker Jörg Schönbohm einen Landespolitiker mit Format gemacht. Sein Meisterstück bereitet er gerade vor: die Fusion von Berlin und Brandenburg, die vor einigen Jahren am Unwillen der Menschen gescheitert war. Ist das zu abenteuerlich, zu naiv, zu trotzig? Nichts davon. Nur konsequent. Und das ist selten.

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