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Konstituierende Sitzung: Lammert startet mit Kritik an ARD und ZDF

Norbert Lammert wurde als Bundestagspräsident wiedergewählt. In seiner Rede warnte er die Regierung vor Selbstüberschätzung – und tadelte die Öffentlich-Rechtlichen.

Vier Wochen nach der Wahl sind die 622 Abgeordneten des neuen Bundestags zu ihrer ersten Sitzung zusammengekommen und haben Norbert Lammert mit großer Mehrheit als Bundestagspräsidenten wiedergewählt. Das Amt übt er bereits seit 2005 aus. Der 60 Jahre alte Politiker erhielt 84,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Für ihn votierten in geheimer Abstimmung 522 Abgeordnete, 66 stimmten mit Nein, 29 enthielten sich. Vor vier Jahren hatte Lammert 91,9 Prozent Zustimmung erhalten.

Am Nachmittag wird dann über die Stellvertreter Lammerts entschieden. Wie bereits 2005 kandidieren auch jetzt Wolfgang Thierse (SPD), Gerda Hasselfeldt (CSU), Hermann Otto Solms (FDP), Petra Pau (Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) für die Posten. Jeder Fraktion steht eines dieser Ämter zu. In der vorherigen Wahlperiode gab es sechs Vizepräsidenten. Die SPD muss wegen ihres schlechten Wahlergebnisses einen Posten abgeben.

Mahnende Worte Lammerts an die Regierungen

In seiner Rede nach der Wiederwahl richtete Lammert an die Bund- und Länderregierungen mahnende Worte: Sie sollten ihre Rollen nicht überschätzen. "Nicht die Regierung hält sich ein Parlament, sondern das Parlament bestimmt und kontrolliert die Regierung". Der Bundestag "ist nicht Hilfsorgan, sondern Herz der politischen Willensbildung".

Zudem rief Lammert die Bundesregierung dazu auf, stärker auf die Fragen von Abgeordneten einzugehen. "Manche Frage mag unnötig sein, aber manche Antwort der Bundesregierung ist unbefriedigend, gelegentlich ärgerlich." Er monierte auch die gestiegene Zahl der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden.

Der wiedergewählte Bundestagspräsident betonte zugleich die Bedeutung der Opposition. "Regiert wird immer und überall", sagte Lammert. "Die Opposition macht den Unterschied." Zugleich prangerte er die hohe Zahl von Nichtwählern an. Ein Grund sei diesmal auch "intellektuelle Überheblichkeit", die in einer Aufforderung zur Wahlverweigerung gegipfelt sei, sagte er mit Blick auf Medien.

Kritik an öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten 

Umgehend nach seiner Wiederwahl kritisierte Lammert auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Er beanstandete, dass ARD und ZDF die konstituierende Sitzung des Bundestags nicht übertragen, sondern einen Spielfilm oder Telenovelas zeigen. "Mir fehlt jedes Verständnis, dass ein gebührenpflichtiges Fernsehen, das dieses üppig dotierte Privileg allein seinem besonderen Informationsauftrag verdankt, auch an einem Tag wie heute mit einer souveränen Sturheit der Unterhaltung Vorrang vor der Information einräumt." Der öffentlich-rechtliche Nachrichtensender Phoenix hatte die Sitzung allerdings live übertragen.

Die konstituierende Sitzung wurde am Vormittag vom ältesten Abgeordneten, dem 73-jährigen Heinz Riesenhuber, eröffnet. Er erinnerte in seiner Ansprache Banken und Konzerne an ihre Verantwortung bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise. "Die Ethik reicht immer weiter als das Gesetz", sagte der CDU-Politiker. Die Wirtschaft habe ebenso wie die Politik eine "Verantwortung fürs Ganze". Der ehemalige Forschungsminister forderte die Bürger aber auch zu mehr Zuversicht auf. In schwierigen Zeiten wie heute sei "Optimismus Pflicht". Erforderlich seien jetzt "neue Rahmenbedingungen, damit eine solche Krise nicht wieder passiert".

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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