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Kontroverse im Bundestag: Ethikrat oder Ethik-Komitee?

Die Regierungspläne zur Errichtung eines "Deutschen Ethikrats" bleiben im Bundestag umstritten. Besonders über dessen Unabhängigkeit gehen die Meinungen auseinander.

Berlin - Während Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) im Parlament für einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung warb, lehnte etwa der Grünen-Abgeordnete Reinhard Loske die Vorlage entschieden ab. Dem Regierungsentwurf zufolge soll das Gremium "als unabhängiger Sachverständigenrat zur Bewertung ethischer Fragestellungen in den Lebenswissenschaften" fungieren. Die 24 Mitglieder sollen je zur Hälfte auf Vorschlag des Bundestages und der Bundesregierung berufen werden. Dagegen schlagen Links-Fraktion und Grüne die Einsetzung eines "Ethik-Komitees" des Parlaments vor, das sich aus Abgeordneten und Sachverständigen zusammensetzen soll.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) warb für eine "gemeinsame Regelung". Da es nicht um eine prinzipielle, sondern um eine organisatorische Frage gehe, solle eine Übereinkunft möglich sein. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei dafür eine geeignete Grundlage. Zu seinen Fortschritten gehöre, dass dabei "eine völlig unnötige" Konkurrenz zwischen Regierung und Parlament vermieden werde.

Sitte fordert Unabhängigkeit der Ratsmitglieder

Die Links-Parlamentarierin Petra Sitte sagte, sie könne mit einem Ethikrat und einem Ethik-Komitee "leben, auch wenn sie zeitgleich nebeneinander arbeiten". Allerdings werde die Entscheidungsfindung nicht einfacher, wenn zwei Institutionen beratend tätig seien. Zugleich wandte sie sich dagegen, bei der Besetzung des Ethikrates durch den Bundestag nach Fraktionsproporz zu entscheiden. Unklar sei auch, warum die Ratsmitglieder je zur Hälfte von Bundestag und Bundesregierung vorgeschlagen werden sollen, wenn es dabei doch um die Berufung unabhängiger Persönlichkeiten gehe.

Loske verwies darauf, dass der Bundestag in den zurückliegenden Legislaturperioden Enquete-Kommissionen eingerichtet hatte, die je zur Hälfte aus Sachverständigen und aus Parlamentariern bestanden. Jetzt wolle die Regierung aber dem Parlament vorschreiben, wie es sich in bioethischen Fragen beraten lassen solle. "Das steht Ihnen aber gar nicht zu", sagte Loske an die Adresse der Regierung.

Tauss: Parlamentarische Beteiligung gewährleisten

Demgegenüber betonte der SPD-Parlamentarier Jörg Tauss, dass mit dem Gesetzentwurf dem Bundestag ein Vorschlag unterbreitet werde, wie künftig eine fachkundige Beratung von Regierung und Parlament in ethisch sensiblen Fragen organisiert werden könne. Über das Verfahren dieser Beratung entschieden aber selbstverständlich auch die Abgeordneten. Diskussionsbedarf meldete Tauss etwa zur Frage an, ob die parlamentarische Beteiligung hinreichend gewährleistet sei.

Der FDP-Abgeordnete Uwe Barth begrüßte grundsätzlich das Vorhaben. Da die Hälfte der Ratsmitglieder vom Parlament berufen werden solle, habe das Gremium durchaus eine parlamentarische Legitimation. Der Ethikrat werde ein Beratungsgremium für Parlament und Regierung sein.

Schavan hatte zu Beginn der Debatte die Notwendigkeit eines Beratungsgremiums hervorgehoben. Die dynamische Entwicklung der Lebenswissenschaften berühre "Grundfragen", die die Pflicht des Gesetzgebers zum Schutz menschlichen Lebens betreffen. Niemand könne Abgeordneten und Regierungsmitgliedern abnehmen, sich "gewissenhaft um ethische Urteilsfindung zu bemühen und verantwortungsbewusst politische Entscheidungen zu treffen". Umso wichtiger sei es, den Sachverstand von Experten zu nutzen. (tso/ddp)

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