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Kopfpauschale: Aus eins mach drei

Gesundheitsexperte schlägt gestaffelte Tarife für die geplante Kopfpauschale vor – nach dem Vorbild der Schweiz.

Berlin - Sieht so der Kompromiss aus? Im Streit um die Finanzierbarkeit der Kopfpauschale schlägt ein Experte nun vor, die Prämie nach drei Einkommensgruppen zu staffeln. Für Rentner und Geringverdiener empfiehlt der Leiter des Münchner Instituts für Gesundheitsökonomie, Günter Neubauer, einen „Sozialtarif“ zu 80 Euro. Daneben müsse es einen „Normaltarif“ zu 140 und einen „Solidartarif“ für besser Verdienende zu 200 Euro geben, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag.

Der Vorteil des Manövers: Der Sozialausgleich unter gesetzlich Krankenversicherten würde nicht komplett ins Steuersystem verlagert, sondern nur teilweise. Und das Finanzministerium, das der Opposition schon mal die gewaltige Dimension der nötigen Steuererhöhungen vorgerechnet hat, müsste den milliardenteuren Umbau nicht auf einmal stemmen. „Das Einfachste wäre natürlich, wenn sich die FDP entscheiden würde“, sagte Neubauer. „Steuerentlastung und Gesundheitsprämie – beides gleichzeitig geht nicht.“ Wenn die versprochene Steuersenkung in der Koalition den Vorrang habe, müsse das andere Wunschprojekt zumindest langsamer angegangen werden – mit einem Stufentarif, der sich mit den Jahren dann ja „zusammenschieben“ könnte.

Nach Neubauers Rechnung könnte man 16,5 Millionen Bürgern zunächst nur mit einer Pauschale von 80 Euro belasten. Dies bringe 15,8 Milliarden Euro. Man dürfe nicht vergessen, betonte der Experte, dass der Staat schon heute für zehn Prozent der Versicherten mit Pauschalbeträgen aufkomme. Für Hartz-IV-Empfänger etwa überweist die Bundesagentur für Arbeit monatlich 125 Euro für die Kranken- und 15 Euro für die Pflegeversicherung.

19,5 Millionen Menschen würden dem Modell zufolge dem Normaltarif von 140 Euro zugeordnet. Sie hätten laut Neubauer dann im Schnitt exakt so viel zu zahlen, wie sie an Leistung beanspruchten und brächten 32,7 Milliarden in die Kasse. Den „Solidartarif“ von 200 Euro im Monat schließlich müssten etwa 15 Millionen Versicherte aufbringen. Mit 36 Milliarden Euro brächte er das meiste Geld.

Mit seinem Dreistufen-Modell orientiert sich Neubauer an dem Beitragssystem der Schweiz, in dem es ebenfalls drei Tarifgruppen gibt: einen Sozialtarif auf Antrag, einen niedrigeren Tarif für Jugendliche in Ausbildung und einen Normaltarif. Die Schweizer kämen gut damit klar, dass 30 Prozent der Bürger Hilfe benötigten, betonte Neubauer. Der Stufentarif komme aber auch früheren Vorstellungen der CSU entgegen. Im Jahr 2004 habe die Partei, die nun nichts mehr von einer Pauschale wissen will, noch eine gestaffelte Gesundheitsprämie als Kompromiss empfohlen, sich dann allerdings „irgendwo zwischen fünf und zehn Tarifen verloren“.

Es sei im Übrigen ein Missverständnis, dass mit der Pauschale das Solidaritätsprinzip komplett aus der gesetzlichen Krankenversicherung verschwinden solle, betonte der Experte. Mit der einkommensunabhängigen Prämie bleibe die Solidarität zwischen Jung und Alt, Singles und Familien, Gesunden und Kranken erhalten. Nur der Ausgleich zwischen hohen und niedrigen Einkommen werde ins Steuersystem verlagert.

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