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Borko Stefanovic.

© AFP

Kosovo-Verhandlungen: "Das Leben muss trotz aller Differenzen weitergehen"

Borko Stefanovic, Belgrads Verhandlungschef bei den Kosovo-Gesprächen, spricht im Interview über den Dialog mit Pristina und Serbiens Weg in die EU.

Herr Stefanovic, vor drei Jahren hat sich das Kosovo für unabhängig erklärt, was Ihre Regierung bis heute nicht anerkennt. Erstmals sprechen Belgrad und Pristina nun über ihre Beziehungen. Die EU vermittelt. Das erste Treffen fand Anfang März statt, am Montag wollen Sie erneut nach Brüssel reisen. Was erwarten Sie von den Gesprächen?

Die Atmosphäre beim ersten Treffen Anfang März war sehr konstruktiv. Wir haben die wichtigsten Themen angesprochen und eine Verhandlungsgrundlage ausgelotet. Bei vielen Punkten konnten bereits Fortschritte erzielt werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir einige Kapitel bereits in der nächsten Runde abschließen und neue öffnen können.

Was wurde bisher konkret besprochen?

Im Mittelpunkt standen Probleme bei der Anerkennung von Katastereinträgen, Zollregelungen, Transport- und Telekommunikationsverbindungen und die Vertretung Kosovos innerhalb des regionalen Freihandelsabkommens Cefta.

Welche Lösungen zeichnen sich ab?

Über Details haben wir Vertraulichkeit vereinbart. Ich kann nur so viel sagen: Wir haben eine ganze Reihe kreativer Vorschläge unterbreitet und sind bereit, flexible Vereinbarungen zu treffen, die unsere Position zum Status von Kosovo Metohija nicht infrage stellen.

Doch die Statusfrage bleibt der Kernstreitpunkt?

Ich bin zuversichtlich, dass wir über die Klärung praktischer Probleme dazu kommen werden, die Statusfrage zu lösen. Denn auch, wenn wir diese im Dialog nicht direkt ansprechen, steht sie letztlich doch hinter allen Aspekten, über die wir reden. Wir sehen die Notwendigkeit, die Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina zu regeln. Und es gibt kreative Ansätze, um unsere Differenzen in der Statusfrage beizulegen.

Kann das am Ende auch die Anerkennung des Kosovo durch Serbien bedeuten?

Die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo wird Serbien niemals akzeptieren. Doch lassen Sie es mich so sagen: Wenn beide Seiten in ihrer Ecke verharren, wird das dem Dialog schaden. Serbien geht ohne Vorbedingungen in diese Gespräche.

Wie könnte denn ein Kompromiss aussehen?

Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen. Zunächst liegt der Fokus klar auf praktischen Fragen, denn das Leben muss trotz aller Differenzen weitergehen. Und es ist möglich, vieles zu klären und gleichzeitig die Position beider Seiten in Bezug auf den Status zu respektieren. Das ist vor allem auch für die Serben im Kosovo wichtig, denn sie können dort noch immer nicht in Sicherheit leben.

Wird auch über die Lage im Norden des Kosovo verhandelt? Das Gebiet wird fast ausschließlich von Serben bewohnt, die die Regierung in Pristina nicht anerkennen und parallele Strukturen aufgebaut haben.

Dieses Thema ist sensibel, wir sollten es daher sehr vorsichtig angehen. Von Parallelstrukturen kann allerdings nicht die Rede sein. Das Kosovo gehört zu Serbien, und das öffentliche Leben dort funktioniert nach serbischem Recht.

Wie ist der Zeitrahmen für die Gespräche?

Es gibt keine zeitliche Begrenzung. Bis Ende des Jahres sollten wir jedoch einige der großen Probleme gelöst haben.

Bis dahin möchte Serbien auch den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Setzen Sie darauf, dass ein positiver Verlauf des Dialogs letzte Hürden aus dem Weg räumen hilft?

Die EU-Kandidatur sehen wir völlig unabhängig von unserem Dialog mit Pristina. Aber wir sind uns natürlich bewusst, wie wichtig es ist, alle offenen Fragen so schnell wie möglich zu klären, um unsere internationale Position zu stärken.

Borko Stefanovic ist serbischer Verhandlungsführer beim Dialog zwischen Belgrad und dem Kosovo. Das Gespräch mit dem Außenamtsstaatssekretär führte Ulrike Scheffer.

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