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Krankenversicherung: Studie: Krankenkassenbeiträge könnten viel niedriger sein

Um 45,5 Milliarden Euro könnten laut einer Studie die gesetzlich Krankenversicherten pro Jahr entlastet werden, wenn ihre Krankenkassen nicht zusätzlich Aufgaben anderer Sozialversicherungen und des Staates zu schultern hätten. Der Beitragssatz könnte demnach um 4,55 Punkte gesenkt werden.

Berlin - Um 45,5 Milliarden Euro könnten die gesetzlich Krankenversicherten pro Jahr entlastet werden, wenn ihre Krankenkassen nicht zusätzlich Aufgaben anderer Sozialversicherungen und des Staates zu schultern hätten. Diese Rechnung machte am Donnerstag Fritz Beske vom Kieler Institut für Gesundheits-System-Forschung in Berlin auf. Angesichts dieser enormen Quersubventionierung könne er „nicht verstehen, warum Gesundheitspolitiker nicht ständig auf der Matte stehen“, sagte Beske. Bei „politischem Wollen“ könne der Beitragssatz um 4,55 Punkte gesenkt werden – auf aktuell gerade einmal 10,35 Prozent.

Durch Arbeitsmarkt, Renten- und Pflegereformen sei die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) seit 1989 um elf Milliarden Euro jährlich belastet worden, rechnete Beske vor. Versicherungsfremde Leistungen, etwa für Schwangere oder Mütter, schlügen mit vier Milliarden zu Buche. Ebenso teuer komme die Beitragszahler die Weigerung des Gesetzgebers, auf Arznei- und Hilfsmittel nur den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent zu erheben. Und als dickster Posten schlage die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Lebenspartnern sowie der Beitragsausfall durch Hartz-IV- Empfänger ins Kontor. Laut Beske summiert sich beides auf 29 Milliarden Euro.

All dies seien gesamtgesellschaftliche Aufgaben, für die allein die Beitragszahler aufkommen müssten. Als „skandalös“ bezeichnete Beske die nicht kostendeckenden Beiträge für Langzeitarbeitslose, die Versicherte mit 4,7 Milliarden belasteten. Er wäre schon froh, sagte AOK-Chef Hans-Jürgen Ahrens, „wenn wir statt bisher 118 Euro im Monat wenigstens 180 bekämen“. Auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arznei sei überfällig, so Carl-Heinz Müller von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Es sei nicht einzusehen, dass der reduzierte Satz für Pornoheftchen, nicht aber für lebenswichtige Medizin gelte. Und Beske betonte, dass der Staat mit dem vollen Steuersatz der GKV hier exakt den Betrag entzieht, den er ihr 2009 mit großer Geste als Steuerzuschuss gewährt. Rainer Woratschka

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