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Wladimir Putin bei der Jahrespressekonferenz.

© Reuters

Kremlchef kritisiert den Westen: Der unnachgiebige Herr Putin

In seiner Jahrespressekonferenz lobt Wladimir Putin seine liberale Wirtschaftselite. Die Schuld an der Ukraine-Krise gibt der Kremlchef dem Westen. Versuche, „den russischen Bären an die Kette zu legen“, seien zwecklos.

Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew und Notenbankchefin Elvira Nabiullina können vorläufig aufatmen. Regierung und Währungshüter, sagte Wladimir Putin gleich zu Beginn seiner über dreistündigen Jahrespressekonferenz am Donnerstag, hätten „im Wesentlichen“ alles richtig gemacht und „adäquat reagiert“. Gemeint war der rasante Verfall der Landeswährung. Der Rubel hatte auch die Aktienkurse der russischen Unternehmen mit in den Abgrund gerissen.

Russische Medien, sogar staatsnahe, hatten den Kremlchef, der sich zu den Turbulenzen und panischen Reaktionen der Bevölkerung bisher mit keiner Silbe geäußert hatte, zu klärenden Worten gedrängt. Beobachter erwarteten indes nicht so sehr eine Zustandsbeschreibung, sondern konkrete Maßnahmen für das Krisenmanagement. Darunter die Entlassung des Kabinetts, dessen Wirtschaftsblock Leitartikler wie Unternehmerverbände Inkompetenz vorwarfen. Sogar in der angepassten Duma formierte sich der Widerstand. Die Oppositionsparteien, allen voran die Kommunisten, erklärten, ihr Vertrauen zu Kabinett und Notenbank sei erschöpft, forderten personelle Konsequenzen und wollten an der neuen Regierung mitbeteiligt werden. Ein Antrag auf Initiierung eines Misstrauensvotums gegen die Zentralbankchefin scheiterte allerdings an der Kremlpartei „Einiges Russland“, die im Parlament die absolute Mehrheit hat.

Kritische Beobachter glauben ohnehin, für Bauernopfer sei es noch zu früh: Ölpreis, Rubel und Börsen hätten ihre Talfahrt trotz leichter Erholung noch nicht beendet. Die Zeiten, so sagte auch Putin, dem am Donnerstag 1259 Journalisten, darunter mehr als 200 ausländische, sowie Millionen zu Hause vor den Bildschirmen lauschten, seien nicht leicht, Russland verfüge jedoch über die nötigen Reserven, um die Probleme zu meistern.

Für die derzeitige Krise ist aus Putins Sicht ein Mix aus„objektiven und subjektiven“, internen und externen Faktoren verantwortlich. Darunter unerledigte Hausaufgaben der vergangenen 20 Jahre. Gemeint waren Strukturreformen, mit denen Russland den Quantensprung vom Rohstoffexporteur hin zu verarbeitender Industrie mit hoher Wertschöpfung vollziehen sollte. Darüber sei immer wieder geredet worden, aber nichts passiert, sagte der Kremlchef.

Die niedrigen Ölpreise – laut Putin keine kurzzeitige Episode – würden den verschleppten Strukturwandel der Wirtschaft erzwingen. Spätestens in zwei Jahren würde es wieder nachhaltiges Wachstum geben – trotz ungünstiger außenpolitischer Rahmenbedingungen. Gemeint waren die Sanktionen des Westens gegen Russland wegen der Ukraine-Krise. An ihr und dem Russland-Beitritt der Krim arbeitete sich der Kremlchef ebenso ausführlich ab wie an der Wirtschaftskrise. Kühl und hart in der Sache wies er Vorwürfe zurück, Moskau betreibe eine aggressive Außenpolitik und habe „einen gewissen Beitrag zur Eskalation der Spannungen“ geleistet, wie der BBC-Korrespondent formulierte.

Bleibt hart. Wladimir Putin bei seiner Jahrespressekonferenz in Moskau.
Bleibt hart. Wladimir Putin bei seiner Jahrespressekonferenz in Moskau.

© AFP

Putin konterte, aggressiv würde Russland nur seine nationalen Interessen schützen. Versuche, „den russischen Bären an die Kette zu legen“, seien zwecklos. Ebenso der Versuch der „Sieger des Kalten Krieges“, 25 Jahre nach dem Mauerfall neue Trennlinien in Europa zu schaffen. Dafür und für den Rückfall in die Zeiten des Kalten Krieges sei die Nato verantwortlich. Sie habe sich wortbrüchig mehrfach nach Osten erweitert, was einer der Gründe für Russlands harte Position in der Ukraine-Krise sei, und nie auf Überwachungsflüge in unmittelbarer Nähe der russischen Grenzen verzichtet. Moskau dagegen habe diese erst vor drei Jahren wiederaufgenommen und unterhalte im Unterschied zu den USA im Ausland nur zwei Militärbasen. Auch sei das Budget des Pentagons zehnmal größer als der russische Rüstungshaushalt.

Den Machtwechsel in Kiew bezeichnete Putin ein weiteres Mal als Staatsstreich und lastete dem Westen dafür eine Mitverantwortung an. Seinen Worten nach steht Russland als Vermittler bereit. Putin spielte damit auf seine Telefonschalte mit den Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und der Ukraine über Schritte zur Beilegung des Konflikts und die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen am Dienstagabend an.

Bei der Beantwortung weiterer Fragen zur internationalen Politik legte sich Putin erneut für eine mulitpolare Welt ins Zeug. Russland werde einen aktiven Beitrag dazu leisten und die Kooperation mit den Brics-Staaten – den weltweit am schnellsten wachsenden Schwellenländern – und der Schanghai-Organisation (für regionale Kooperation in Asien) vertiefen. Die Gipfel beider Organisationen finden nächsten Sommer in Russland statt. Auch die Zusammenarbeit mit der Türkei will Moskau intensivieren.

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