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Politik: Krieg gegen die Armen

Diktator Robert Mugabe zerstört die Slums von Simbabwe. Er verübelt den Bewohnern ihre Unterstützung für die Opposition

Noch immer liegt Brandgeruch über den Armensiedlungen der größeren Städte von Simbabwe, die in den letzten Wochen Schauplatz einer beispiellosen Zerstörungsorgie der Sicherheitskräfte waren. Ausgerechnet zum Winterbeginn auf der Südhalbkugel sind bewaffnete Polizisten mit Bulldozern und Vorschlaghämmern gegen die Bewohner vieler Slumgebiete vorgegangen und haben ihre Behausungen dem Erdboden gleichgemacht. Auch kleine Läden und Verkaufsstände wurden gnadenlos plattgewalzt und niedergebrannt – und die Kleinhändler zu Tausenden verhaftet.

Die Fernsehbilder aus Simbabwe, die in den letzten Tagen über die Bildschirme im Westen flimmerten, haben allenthalben Bestürzung ausgelöst und abermals zu Rufen nach internationaler Intervention geführt. Viele Hüttensiedlungen sehen wie nach einem Erdbeben aus. Doch nicht die Natur, sondern ein machtbesessener Diktator ist dafür verantwortlich, dass Zehntausende von Kindern heute obdachlos sind und nicht wissen, wohin sie sollen. Das Regime selbst hat alle humanitäre Hilfe für die Opfer unterbunden. „Ich habe mitangesehen wie sich die Lage in Simbabwe in den letzten fünf Jahren rapide verschlimmert hat, aber ich habe nie mit so etwas gerechnet“, klagt die Direktorin einer Hilfsorganisation, die anonym bleiben will. „Es ist geradezu sadistisch.“

Während Afrikas Staatschefs vor dem Hintergrund des gerade vom Westen gewährten Schuldenerlasses von einer neuen Chance für den Kontinent sprechen, zeigt das frühere Rhodesien exemplarisch, wo die eigentlichen Gründe für die afrikanische Entwicklungsmisere liegen: In der Unfähigkeit seiner Führungseliten. Viele Beobachter sind darüber entsetzt, dass bislang kein einziger afrikanischer Staatschef den Amoklauf Mugabes offen kritisiert hat, nicht einmal Südafrikas Thabo Mbeki, der sich gerne zum Sprecher des Kontinents aufschwingt.

Nach Angaben der Polizei ist die Zahl der im letzten Monat Verhafteten bereits jetzt auf über 30000 gestiegen, bis zu 1,5 Millionen Menschen haben ihre Bleibe verloren. „Unser Land hat plötzlich ein massives Flüchtlingsproblem in seinen städtischen Gebieten“, sagt Oppositionsführer Morgan Tsvangiari. Selbst Simbabwes Ex-Propagandaminister Jonathan Moyo, der bis zu seinem Rausschmiss aus der Regierung im letzten Jahr Mugabe unentwegt verteidigt hatte, spricht nun von einem „barbarischen“ Vorgehen.

Das seit fünf Jahren in einen unerklärten Krieg gegen die eigenen Menschen verwickelte Regime von Robert Mugabe will mit der Kampagne angeblich den Schwarzhandel und das Verbrechen bekämpfen. Die Shantytowns seien ein Schandbild für die Städte, illegal errichtet, ein Refugium für Kriminelle.

Doch nach Ansicht der meisten Beobachter hat das Niederwalzen der Armensiedlungen andere Motive. „Die Machthaber wollen vor den nächsten Wahlen die städtischen Gebiete entvölkern und ein ländliches Kleinbauerntum schaffen, das sie unter die Kontrolle der ansässigen Häuptlinge und der Regierungsmiliz stellen“, meint Sydney Mansamvu, ein Analyst der International Crisis Group.

In der Tat scheint Mugabe mit seinem brutalen Vorgehen gegen die städtischen Slumbewohner alte Rechnungen zu begleichen. Denn vor allem die Armen in den Shantytowns hatten bei der Wahl Ende März mit überwältigender Mehrheit für die oppositionelle MDC gestimmt. Die urbanen Slumgebiete gelten seit langem als Hochburg der Opposition. Daneben will Mugabe nach den jüngsten Preiserhöhungen für Grundnahrungsmittel offenbar möglichen Unruhen vorbeugen.

Dabei verkennt das Regime, dass Slums und Straßenhandel nur Symptome der katastrophalen Wirtschaftslage sind. Für Hunderttausende bietet der Kleinhandel die einzige Überlebenschance, nachdem viele Fabriken im Land geschlossen haben und die Landwirtschaft durch die von Mugabe forcierte Vertreibung der weißen Farmer kollabiert ist.

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