zum Hauptinhalt
Unter Beobachtung. Es kommt immer wieder vor, dass Geschosse aus Syrien auf den Golanhöhen einschlagen. Israel reagiert in der Regel mit Vergeltungsschlägen.

© J. Marey/AFP

Krieg in Syrien: Israels Raketen gegen Irans Einfluss

Generell folgt Israel der Devise: Möglichst aus dem Syrienkrieg heraushalten. Doch Teheran setzt sich im Nachbarland fest – Jerusalem will das verhindern.

Die Worte lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig – und sie sind eine klare Drohung. Israel werde keinen Beschuss seines Staatsgebietes dulden, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Samstag. „Wir werden ihn hart und entschlossen beantworten.“ Das gelte für alle derartigen Vorfälle.

Am Samstag hatte es einen solchen Zwischenfall an der Grenze zu Syrien gegeben. Einem Armeesprecher zufolge waren zehn Geschosse auf die von Israel besetzten Golanhöhen abgefeuert worden. Unmittelbar danach flog die Luftwaffe des jüdischen Staats einen Vergeltungsangriff. Die Attacke galt Einheiten von Syriens Machthaber Baschar al Assad in der Provinz Kuneitra. Mehrere Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein.

Israel setzt auf Abschreckung

Es ist nicht das erste Mal, dass Israel militärisch auf „Verletzungen seiner Souveränität“ reagiert. Seit in Syrien Krieg herrscht, kommt es immer wieder vor, dass Raketen und Granaten auf den im Norden gelegenen Golanhöhen einschlagen. Zumeist sind sie fehlgeleitet, sollen also gar nicht unbedingt Israel treffen.

Dennoch ist Jerusalem nicht bereit, dies schulterzuckend hinzunehmen. Denn zum festen Bestandteil der Sicherheitsdoktrin des Landes gehört die Abschreckung. Jede Attacke wird sofort von den Streitkräften mit einer Demonstration der Stärke beantwortet. Nach der Devise: Wer es wagt, uns anzugreifen, muss zwingend mit einem Militärschlag rechnen.

Das gilt auch für Syrien. Mit dem nördlichen Nachbarn befindet sich Israel ohnehin offiziell im Kriegszustand. Trotzdem agiert Netanjahus Regierung mit Blick auf den dortigen Konflikt in der Regel zurückhaltend. Das heißt, Israel hält sich – wenn irgendwie möglich – aus diesem Vielvölkerkrieg heraus, ergreift für keinen der Kontrahenten Partei. Das gilt auch für Assad.

Israels Premier Netanjahu will jeden Beschuss "hart und entschlossen" beantworten.
Israels Premier Netanjahu will jeden Beschuss "hart und entschlossen" beantworten.

© null

Für die Verantwortlichen in Jerusalem steht zwar außer Frage, dass er ein Gewaltherrscher ist, ein brutaler Despot, der sein eigenes Volk bombardiert. Doch Israel weiß ebenso, woran man bei ihm ist. Bis 2011 gehörte die Grenze im Norden zu den ruhigsten. Der Diktator in Damaskus wusste und weiß genau, dass er den jüdischen Staat tunlichst nicht provozieren sollte. Würden dagegen andere Kräfte Syriens Geschicke lenken, muss Israel mit deutlich mehr Unruhe rechnen.

In diesen Überlegungen spielen Dschihadisten wie die Terrormiliz IS sicherlich eine Rolle. Extremisten vor der Haustür zu haben, ist für Israel alles andere als eine akzeptable Vorstellung. Doch als wesentlich bedrohlicher gilt ein anderer Feind: der Iran. In Jerusalem wird aufmerksam registriert, wie Teheran versucht, seinen Einfluss in der Region mehr und mehr auszuweiten. Syrien kommt dabei eine große Bedeutung zu.

An Assads Seite

Seit dem Beginn des Aufstands gegen Assad steht der Iran fest an der Seite des Regimes. Mit Geld, Waffen und Kämpfern stützt Teheran den Machthaber in Damaskus. Die libanesische Hisbollah – vom Iran politisch gelenkt, militärisch geschult und finanziert – stellt mit tausenden Kämpfern sicher, dass Assad im Amt bleibt. Zusammen mit anderen schiitischen Milizen setzt die „Partei Gottes“ alles daran, das Land von Aufständischen „zu säubern“. Die Rückeroberung Aleppos wäre ohne Teherans tatkräftige Unterstützung kaum denkbar gewesen.

Dass der Iran an Assad festhält, hat einen einfachen Grund. Sein politisches Überleben macht es Teheran möglich, seinen Einfluss bis zum Mittelmeer auszudehnen. So kann die Hisbollah als Israels Todfeind mit allem Notwendigen versorgt werden. Mehr noch. Mit Syrien verfügt der Iran über ein potenzielles Aufmarschgebiet direkt an der Grenze des „zionistischen Gebildes“ – für Israel ein Horrorszenario.

Militärmacht Hisbollah

Das erklärt, warum die Luftwaffe des jüdischen Staats immer wieder Ziele in Syrien bombardiert. Die Angriffe gelten fast immer Transporten und Lagern, die nach Geheimdienstinformationen dazu dienen, die Hisbollah mit Waffen auszustatten. Jerusalem will das nicht hinnehmen. Denn nach Erkenntnissen der Armee verfügt die Miliz im Süden des Libanons bereits über 100.000 Raketen – die meisten aus iranischer Produktion.

Die Furcht vor Teheran ist vermutlich auch ein wesentlicher Grund dafür, dass Israel offenbar seit Jahren syrische Rebellen mit Bargeld, Treibstoff und Lebensmitteln unterstützt. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ wurde deshalb sogar eine Spezialeinheit geschaffen.

Das Ziel der aufwendigen Hilfe: Richtung Syrien eine Art Pufferzone mit „freundlichen Kräften“ zu schaffen. Im Klartext heißt das, ein solches Gebiet soll frei von Islamisten-Gruppen sein – und Kräften, die dem Iran verbunden sind.

Zur Startseite