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Russlands Präsident Wladimir Putin.

© AFP

Krieg in Syrien: Koalition uneins über neue Sanktionen gegen Moskau

Mehrere CDU-Politiker bringen, offenbar mit Rückendeckung aus dem Kanzleramt, neue Sanktionen gegen Moskau wegen Syrien ins Gespräch. Die Haltung zu Russland spaltet Koalition und Parteien. Eine Analyse.

Wie halten wir es mit Russland? Diese Frage wird in diesen Tagen einmal mehr zur Gretchenfrage der deutschen Außenpolitik. Mehrere CDU-Politiker, allen voran der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, haben Sanktionen gegen Moskau wegen des russischen Vorgehens im Syrien-Krieg ins Spiel gebracht. Angesichts der massiven Luftangriffe auf die Stadt Aleppo haben sich in der internationalen Gemeinschaft zunehmend Ernüchterung und Frustration breit gemacht, weil alle Versuche, den Kreml zum Einlenken zu bewegen, bisher ins Leere liefen. Im UN-Sicherheitsrat legte Moskau ein Veto gegen jeden Syrien-Resolutionsentwurf ein, die Bombardierung Aleppos ging unterdessen weiter, die USA brachen die Syrien-Gespräche mit Russland ab.

Doch welche Optionen bleiben der internationalen Gemeinschaft, auf die russische Position einzuwirken? Die Bundesregierung erwäge Möglichkeiten, Moskau zur Kursänderung in Syrien zu bewegen, berichtete das „Wall Street Journal“ in der vergangenen Woche unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte Person, die mit den Überlegungen vertraut sei. Erwogen würden auch „neue Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland“. Doch die große Koalition ist in dieser Frage keineswegs einig. Während CDU-Politiker wie Röttgen, Roderich Kiesewetter und Elmar Brok solche Strafmaßnahmen nicht ausschlossen, hatte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bereits zuvor in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses gegen neue Russland-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Syrien-Krieg ausgesprochen.

Annäherung an Russland als Wahlkampfthema?

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnt dies ebenfalls ab. Gabriel und Steinmeier hatten sich schließlich auch dafür eingesetzt, die wegen Moskaus Vorgehen in der Ukraine verhängten Sanktionen schrittweise abzubauen. In dieser Frage wissen die beiden Minister große Teile ihrer Partei an ihrer Seite. Auch im bevorstehenden Bundestagswahlkampf könnten die Sozialdemokraten das Thema zu nutzen versuchen und sich als Partei präsentieren, die eine Wiederannäherung an Russland sucht. Sowohl für Wähler der Linkspartei als auch für Anhänger der rechtspopulistischen AfD ist dies eine der zentralen außenpolitischen Forderungen.

Unterstützung für mehr Druck auf Moskau kommt dagegen von den Grünen. Deren Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte deutlicher als die meisten anderen in der Debatte, die Bundesregierung solle ein Verfahren für neue Sanktionen gegen Russland einleiten. Doch diese Position unterstützt nicht ihre gesamte Partei, nicht einmal deren Führung. Grünen-Chefin Simone Peter betonte, harte Kritik gegenüber Russland sei notwendig, „aber keine neuen Sanktionen“. Selbst die Union spricht in der Russland-Politik nicht mit einer Stimme: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der sich schon früh für eine Lockerung der im Ukraine-Konflikt verhängten Sanktionen eingesetzt hatte, ist ebenfalls gegen neue Strafmaßnahmen.

Der Vorstoß, neue Sanktionen zumindest als eine Option erscheinen zu lassen, kommt dem Vernehmen nach aus dem Kanzleramt. Doch selbst wenn die Bundesregierung und die Koalition in dieser Frage einig wären, würde eine rasche Umsetzung kaum realisierbar sein. Denn für neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland wird ein einstimmiger Beschluss aller EU-Mitgliedstaaten benötigt, der derzeit nicht zu erwarten ist.

Putin sagt Reise nach Paris ab

Allerdings ist auch in anderen EU-Staaten die Frustration angesichts der harten russischen Linie im Syrien-Konflikt groß. In Frankreich war man derart verärgert über Moskaus Veto im UN-Sicherheitsrat gegen einen französischen Antrag zu Syrien, dass Präsident François Hollande durchblicken ließ, er werde seinen Amtskollegen Wladimir Putin bei dessen geplantem Besuch am kommenden Mittwoch vielleicht nicht treffen. Putin sagte nun seine Frankreich-Reise ab. Russlands Botschafter in Paris betonte, am 19. Oktober werde es einen Gipfel zum Ukraine-Konflikt in Berlin geben. Das konnte die Bundesregierung allerdings nicht bestätigen.

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