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Kriegsstrategie: Bush und Blair verteidigen Irak-Kurs

Im für die US-Truppen schon jetzt blutigsten Monat des Jahres fordern nun selbst Parteifreunde Präsident Bush zu einem Kurswechsel auf. Im Bagdader Verteidigunsministerium sind indes offenbar rund 750 Millionen Dollar versickert, die für den Kampf gegen Rebellen vorgesehen waren.

Washington/London - Kurz vor den Kongresswahlen in den USA gerät Präsident George Bush wegen seiner Irak-Politik zunehmend unter Druck. Kritiker aus den eigenen Reihen halten Bush vor, allzu starr am derzeitigen Kurs festzuhalten - ohne dass von einem Truppenabzug in den nächsten Monaten die Rede sein kann. Auch Tony Blair warnt davor, angesichts der Aufstände im Irak "die Nerven zu verlieren". Er kam am Montag mit dem stellvertretenden irakischen Ministerpräsidenten Barham Salih in London zusammen.

US-Senator Arlen Specter, der wie Bush Republikaner ist, forderte dazu auf, "eher früher als später" eine "bessere Strategie" im Irak umzusetzen. Unterdessen erklärte Bushs Berater Dan Bartlett, das Weiße Haus bemühe sich schon seit Monaten um einen Plan, wie die irakische Regierung in ihrer Regierungskraft gestärkt werden könne.

Bartlett: Abzug nicht geplant

Bartlett bestätigte damit, dass ranghohe Generäle und der US-Botschafter in Bagdad an einem konkreten Szenario arbeiten, das Iraks Ministerpräsident Nuri Al-Maliki bis zum Jahresende vorgelegt werden soll. Zuvor hatte das Weiße Haus einen entsprechenden Zeitungsbericht der "New York Times" dementiert. Bartlett erklärte nun, es gehe darum, sichtbare Richtwerte zu schaffen. Falls Bagdad demnach die Vorschläge nicht umsetzt, soll die Militärstrategie geändert werden. Darüber hinaus habe Washington nie starr an einer Strategie festgehalten. Ein Abzug von Truppen sei aber nicht geplant.

Unterdessen erklärte Bushs Parteikollege Specter dem Sender CNN, Bush dürfe sich mit einer Taktik-Änderung nicht bis nach den Kongresswahlen Zeit lassen. Auch demokratische Politiker riefen Bush auf, mehr Druck auf die Regierung in Bagdad auszuüben.

Blair will "Nerven behalten"

Derweil verteidigte der britische Premierminister Tony Blair den Militäreinsatz im Irak. Sein Land werde in dem Konflikt die "Nerven behalten", so Blair nach einem Treffen mit dem stellvertretenden irakischen Ministerpräsidenten Barham Salih in London. Downing Street dementierte zugleich Berichte, nach denen Großbritannien darauf dränge, dass irakische Behörden binnen eines Jahres die Kontrolle im Süden des Landes übernehmen müssten.

Darüber hinaus droht der "Koalition der Willigen" ein neuerlicher Skandal um Korruption im Bagdader Verteidigungsministerium. Nach Angaben des US-Fernsehsender CBS News sind dort zwischen 750 und 800 Millionen Dollar (etwa 600 bis 635 Millionen Euro) vermutlich durch Günstlingswirtschaft abhanden gekommen. Der Sender zitierte irakische Ermittler, die sich zugleich beklagten, von den USA, Großbritannien und Nachbarstaaten des Irak kaum Unterstützung bei ihren Untersuchungen zu erhalten. Nach Angaben von CBS ist auch ein hochrangiger politischer Berater des ehemaligen irakischen Verteidigungsministers in die Affäre verwickelt.

Geld für Ausrüstung veruntreut

Das Geld war dem Bericht zufolge ein Teil von insgesamt 1,2 Milliarden US-Dollar, mit denen militärische Ausrüstung zur Bekämpfung der Unruhen im Irak gekauft werden sollte.

Die fehlende Unterstützung der Ermittlungen durch andere Länder begründete der ehemalige irakische Finanzminister Ali Allawi mit der Vermutung, "dass zu viele Menschen in Machtpositionen im neuen Irak" in die Korruption verwickelt seien. Sollten die Schuldigen nun vor Gericht gebracht werden, "würde das ein fragwürdiges Licht auf die Menschen werfen, die sie unterstützt und in diese Positionen gebracht haben". Als einer der Hauptschuldigen wird in dem CBS-Bericht Siad Kattan genannt, der im Verteidigungsministerium für die Materialbeschaffung zuständig war. Er bestreitet die Vorwürfe, wird durch Telefonmitschnitte, die dem Sender vorliegen, aber belastet. Nach Angaben des irakischen Antikorruptionsbeauftragten Radhi al Radhi soll ein Großteil des nicht gestohlenen Geldes für veraltete, unnütze Ausrüstung ausgegeben worden sein.

Mit insgesamt 84 getöteten US-Soldaten ist der diesjährige Oktober schon jetzt der verlustreichste Monat für die US-Armee seit dem Beginn der Invasion im Irak im März 2003. Die Zahl der insgesamt im Irak getöteten Soldaten stieg damit gemäß einer auf Pentagon-Angaben beruhenden Zählung auf 2790. (tso/AFP)

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