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Politik: Krise fördert Pragmatismus

Clinton will Dialog mit China ausbauen / Menschenrechte werden hinten angestellt

US-Außenministerin Hillary Clinton hat in Peking für einen neuen Pragmatismus in den amerikanisch-chinesischen Beziehungen plädiert. Bei ihrem Antrittsbesuch rückte sie die gemeinsame Bewältigung der Wirtschaftskrise sowie Fortschritte im Klimaschutz in den Vordergrund. Clinton hofft auf den Beginn einer „neuen Ära“ in den Beziehungen. Meinungsverschiedenheiten bei den Menschenrechten, der Tibetfrage oder im Taiwankonflikt sollen das Verhältnis künftig nicht mehr belasten.

„Es ist wichtig, dass die Vereinigten Staaten und China ein positives, von Kooperation geprägtes Verhältnis pflegen“, erklärte Clinton am Samstag nach einem Treffen mit ihrem chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi. Die Förderung der Menschenrechte blieben zwar ein „zentraler Aspekt“ der US-Außenpolitik, dürften aber nicht „die globale Wirtschaftskrise, die globale Klimawandelkrise oder die Sicherheitskrisen beeinflussen“, sagte Clinton. Auf der letzten Station ihrer ersten Auslandsreise als Washingtons Chefdiplomatin, die sie zuvor nach Japan, Indonesien und Südkorea geführt hatte, traf Clinton auch Staats- und Parteichef Hu Jintao und Premier Wen Jiabao.

Nachdem mehrere Mitglieder der neuen US-Regierung in den vergangenen Wochen Vorwürfe gegen Chinas Währungs- und Handelspolitik erhoben hatten, war Clinton sichtlich bemüht, Pekinger Ängste vor einem Konfrontationskurs zu zerstreuen. Obwohl die Volksrepublik mit republikanischen Präsidenten traditionell enger zusammenarbeitet als mit Demokraten, soll ein unter Präsident George W. Bush eingeführter Wirtschaftsdialog künftig um einen Abstimmungsprozess für Politik- und Sicherheitsfragen erweitert werden. Clinton erklärte, der neue Mechanismus solle Anfang April beim ersten Treffen der Präsidenten Barack Obama und Hu Jintao am Rande des G20-Gipfels in London beschlossen werden. Die USA hoffen auf Chinas Unterstützung im Kampf gegen Terroristen sowie in den Atomwaffenkonflikten mit dem Iran und Nordkorea. Als Zeichen für die Verbesserung der Beziehungen bestätigte Chinas Verteidigungsministerium, dass der Militärdialog, den China im Oktober aus Protest gegen US-Waffenlieferungen an Taiwan ausgesetzt hatte, Ende dieses Monats in Peking wieder aufgenommen wird.

Clinton warb außerdem für Vertrauen in US-Staatsanleihen, in denen Peking einen großen Teil seiner gewaltigen Devisenreserven angelegt hat. „Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass sich die Vereinigten Staaten und China erholen und zusammen dabei helfen werden, die Erholung der Weltwirtschaft anzuführen“, sagte Clinton. China hat 585 Milliarden US-Dollar investiert und ist damit der größte Kreditgeber der USA.

Während ihre Positionen in Wirtschaftskreisen und bei vielen Republikanern auf Zustimmung stoßen dürften, übten Menschenrechtsorganisationen scharfe Kritik. Amnesty International zeigte sich von Clintons politischen Signalen „schockiert und tief enttäuscht“, während Human Rights Watch von einem „strategischen Fehler“ sprach. Chinas Sicherheitskräfte stellten während Clintons Besuch mehrere Demokratieaktivisten unter Hausarrest.

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