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Bei den Protesten im Regierungsviertel gab es Verletzte. Die Demonstranten forderten Reformen.

© Ali Abbas/dpa

Krise im Irak: Tausende stürmen Sicherheitszone in Bagdad

Das Regierungsviertel in Bagdad ist gut gesichert. Trotzdem gelingt einer wütenden Menge erneut der Durchbruch: Tausende dringen in die irakische Machtzentrale ein.

Zum zweiten Mal binnen drei Wochen haben Anhänger des Schiitenpredigers Moktada al Sadr das Regierungsviertel in Bagdad gestürmt. Einige Demonstranten überwältigten die Sicherheitskräfte und verschafften sich offenbar kurzzeitig Zugang zum Büro des Ministerpräsidenten. Daraufhin wurde eine Ausgangssperre über die irakische Hauptstadt verhängt.

Die Demonstranten versammelten sich zunächst auf dem Tahrir-Platz im Zentrum der Stadt und entfernten den Stacheldraht von einer der Hauptbrücken über den Trigris, um zur "Grünen Zone" zu gelangen. Während sie vor drei Wochen kaum aufgehalten wurden, gingen die Sicherheitskräfte dieses Mal mit Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Mehrere Menschen wurden leicht verletzt.

"Seid mit der Nation"

"Wir sind gekommen, um friedlich zu protestieren, aber die Feiglinge haben angefangen auf uns zu schießen", sagte ein Demonstrant und zeigte eine Handvoll leerer Patronenhülsen. "Seid nicht mit dem Unterdrücker, seid mit der Nation", skandierten die Demonstranten, als sie am Eingang zum Regierungssitz den Sicherheitskräften gegenüberstanden. Einigen Demonstranten gelang es schließlich, sich Zugang zu verschaffen.

Einige Anhänger von al Sadr veröffentlichten Bilder des Büros von Ministerpräsident Haider al Abadi und des Sitzungsraums vom Kabinett in sozialen Netzwerken. Schließlich verließen die Demonstranten den Regierungssitz wieder und wurden von Sicherheitskräften wieder in die Nähe einer der Tigris-Brücken zurückgedrängt. Wo sich der Regierungschef zu dem Zeitpunkt aufhielt, war zunächst unklar. In der "Grünen Zone" befinden sich neben dem Regierungssitz auch mehrere Botschaften, unter anderem die der USA.

Unbefristete Ausgangssperre

Die Behörden verhängten nach dem erneuten Zwischenfall in der "Grünen Zone" eine unbefristete Ausgangssperre, wie es in einer im Staatsfernsehen verlesenen Erklärung hieß. Anwohner sagten, dass Sicherheitskräfte Autos abschleppten, Geschäftsleute zur Schließung ihrer Läden aufforderten und Straßen mit Betonmauern versperrten.

Schon Ende April hatten Anhänger des Schiitenpredigers al Sadr die "Grüne Zone" gestürmt und das Parlamentsgebäude besetzt. Sie forderten politische Reformen und drohten mit ihrer Rückkehr, wenn nicht bald etwas geschehe. Seitdem ist das irakische Parlament noch nicht wieder zusammengetreten. Zum Missfallen der Anhänger von al-Sadr, der sich als oberster Reform-Antreiber im Irak ausgibt.

Politisch gelähmt

Der Irak ist seit Monaten politisch gelähmt. Angesichts von Massenprotesten und immer lauteren Reformforderungen versucht der schiitische Ministerpräsident Haider al Abadi seit Wochen, sein Regierungsteam durch ein neues Kabinett aus Experten zu ersetzen, die nicht nach konfessionellen oder parteilichen Kriterien ausgewählt werden. Mehrere Parteien wollen das verhindern, weil sie dann die Kontrolle über wichtige Ministerien verlieren würden. AFP

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