zum Hauptinhalt
315407_0_458f23d3.jpg

© dpa

Kundus-Affäre: Gabriel kontra Guttenberg: Aus der Deckung

SPD-Chef Sigmar Gabriel jagt den neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) – mit Folgen für Ex-Außenminister und Parteifreund Frank-Walter Steinmeier

Von

Sigmar Gabriel war in seinem Element. Bei der letzten Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion vor den Weihnachtsferien blies der SPD-Chef zum Angriff gegen den Star im Kabinett Merkel. Die SPD werde es dem neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in der Kundus-Affäre einmal so richtig „besorgen“, versprach Gabriel den Abgeordneten. Das war am Dienstag letzter Woche. Seither ist kaum ein Tag vergangen, an dem Gabriel Guttenberg nicht mit Vorwürfen überzogen hat.

In der Fraktion stößt die forsche Gangart des Parteichefs nicht nur auf Bewunderung. Freunde des Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier fürchten, dass der ehemalige Außenminister der schwarz-roten Koalition am Ende den Preis für Gabriels Angriffslust zu zahlen haben wird. Die Union werde sich an Steinmeier schadlos halten und versuchen, Attacken gegen zu Guttenberg mit dem Verweis auf Steinmeiers Mitverantwortung zu neutralisieren, heißt es.

Schon jetzt sieht sich der Außenminister a. D. mit dem Vorwurf konfrontiert, über die Umstände der Bombardierung der zwei Tanklastwagen bei Kundus mehr gewusst zu haben, als er bisher zugegeben hat. ARD und „Stern online“ berichten, das Auswärtige Amt habe bereits kurz nach dem Luftangriff in der Nacht zum 4. September Hinweise auf zivile Opfer gehabt. Dem „Stern“ zufolge nahm der Vertreter des Auswärtigen Amtes in Kundus als ziviler Leiter des Wiederaufbauteams der Bundeswehr am 4. und 5. September an Gesprächen teil, bei denen Bundeswehrsoldaten, Militärpolizisten und Vertreter afghanischer Behörden über tote Zivilisten referierten.

Dass das Außenamt zeitnah Kenntnis von zivilen Opfern hatte, geht auch aus einem vertraulichen Gesprächsprotokoll des Wiederaufbauteams Kundus derBundeswehr hervor, aus dem das ARD-Magazin „Bericht aus Berlin“ zitierte.

Steinmeiers Kritiker sehen einen Widerspruch zu dessen Äußerungen während der ersten Tage nach dem Angriff. Steinmeier hatte seinerzeit lediglich von „möglicherweise unschuldigen Opfern“ gesprochen. Er selbst sagt der Wochenzeitung „Das Parlament“, er habe damals nicht über belastbare Erkenntnisse zu zivilen Opfern verfügt. „Die Informationslage in den ersten Tagen war unklar. Ich hatte keine eigenen handfesten Erkenntnisse, aber früh Zweifel an der Behauptung, es habe keine zivilen Opfer gegeben. Entsprechend habe ich die Ereignisse deshalb in meiner Bundestagsrede am 8. September, noch bevor ich die Berichte aus dem Verteidigungsministerium oder der Nato kannte, eingeordnet.“

Steinmeier selbst schätzt die nun bekannt gewordene Meldung ans Außenamt offenbar nicht als problematisch ein. Bevor er sich öffentlich zu seinem Kenntnisstand äußerte, habe er die damals im Ministerium eingegangenen Berichte prüfen lassen, heißt es in der SPD-Fraktion.

Unglücklich sind Außen- und Verteidigungspolitiker der SPD auch darüber, dass Gabriel die Regierung wegen eines angeblichen „Strategiewechsels“ hin zu einem aggressiven Vorgehen der Bundeswehr kritisiert hatte. Die Erlaubnis, gegen Aufständische vorzugehen, bevor diese das Feuer eröffnen, hatten SPD-Fachpolitiker begrüßt. Die Experten widersprechen auch dem von Gabriel und Steinmeier vermittelten Eindruck, die SPD werde auf keinen Fall einer Ausweitung der Truppenobergrenze für Afghanistan zustimmen. Sie wollen die Option offenhalten, um mehr deutsche Ausbilder nach Afghanistan schicken zu können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false