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Unter Schmerzen. Die griechischen Reformen bleiben in der Bevölkerung unpopulär. Nach der Abstimmung im Parlament wird nun in Athen gestreikt.

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Griechenlands Sparkurs: Kürzen, streichen, konsolidieren

Nach der Verabschiedung von Papandreous neuem Programm steht jetzt die schwierige Umsetzung bevor. Mit Steuererhöhungen, Kürzungen der Sozialleistungen und Gehälter und einer Solidaritätsabgabe soll der Staatshaushalt saniert werden.

Griechenlands Premier Giorgos Papandreou kann durchatmen. Mit der gewonnenen Kampfabstimmung über das neue Sparpaket im Parlament hat er den Weg für die Auszahlung der dringend benötigten nächsten Rate der milliardenschweren Hilfskredite der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) geebnet. Trotzdem kommen auf die Griechen schwere Zeiten zu: Das Sparprogramm, das Papandreous Regierung jetzt umsetzen muss, verlangt von den Menschen große Opfer.

Griechenland hat bereits im vergangenen Jahr sein Haushaltsdefizit um fünf Prozentpunkte vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) gesenkt. Das war die bisher größte Konsolidierungsleistung aller EU-Staaten. Erreicht wurde sie mit Gehaltskürzungen von bis zu 20 Prozent im öffentlichen Dienst und massiven Streichungen bei den öffentlichen Investitionen. Die Mehrwertsteuer wurde von 19 auf 23 Prozent erhöht, auch Tabak-, Alkohol- und Mineralölsteuern stiegen. Der Fehlbetrag im Haushalt war 2010 allerdings mit 10,5 Prozent vom BIP immer noch sehr hoch. Umso ehrgeiziger sind die Ziele des jetzt verabschiedeten neuen Sparpakets. Es sieht bis 2015 eine Entlastung des Haushalts um 28,4 Milliarden Euro vor. Das entspricht fast 13 Prozent des diesjährigen BIP. Die Konsolidierung soll je zur Hälfte durch höhere Steuern und Ausgabenkürzungen erbracht werden.

Im Detail will die Regierung bei den Sozialleistungen 5,11 Milliarden Euro streichen. Die Ausgaben für Löhne und Gehälter im Staatssektor sollen um 2,19 Milliarden zurückgefahren werden. Nur jede zehnte frei werdende Stelle wird neu besetzt. So soll die Zahl der Staatsbediensteten bis 2015 um rund 200 000 verringert werden. Die Arbeitszeit im öffentlichen Dienst wird von 37,5 auf 40 Wochenstunden erhöht und damit dem angeglichen, was in der Privatwirtschaft gilt. Im Gesundheitssektor will die Regierung 2,12 Milliarden einsparen. Die Verteidigungsausgaben werden bis 2015 um 1,2 Milliarden reduziert.

Seine Einnahmen will der neue Finanzminister Evangelos Venizelos unter anderem mit einer Solidaritätsabgabe aufbessern, die auf alle Einkommen von mehr als 8000 Euro im Jahr erhoben wird – praktisch eine Kopfsteuer. Sie soll in diesem Jahr 400 Millionen und ab 2012 jeweils 1,4 Milliarden pro Jahr einbringen. Politiker und Manager von Staatsunternehmen müssen fünf Prozent ihres Gehalts als Sonderabgabe abführen.

Zudem soll Geld in die Kasse kommen, indem die Mehrwertsteuer für Hotels und Gaststätten von 13 auf 23 Prozent erhöht und eine Sondersteuer auf Erdgas eingeführt wird. Auch die Kfz-Steuer wird heraufgesetzt und eine Finanztransaktionssteuer erhoben. Freibeträge und Abzugsmöglichkeiten bei der Einkommensteuer werden stark beschnitten. Unter dem Strich wird dadurch ein Ehepaar mit zwei Kindern, das 42 000 Euro im Jahr verdient, fast 3000 Euro mehr Steuern zahlen.

Auch Autobesitzer werden in diesem Jahr mit einer Sonderabgabe zur Kasse gebeten. Sie liegt, je nach Hubraum, zwischen 270 und 1220 Euro. Immobilienbesitz wird ebenfalls stärker besteuert. Besonders ins Fadenkreuz nimmt der Finanzminister jetzt die Freiberufler, Gewerbetreibenden und Unternehmer. Sie stellen in Griechenland 30 Prozent aller Erwerbstätigen – doppelt so viel wie im EU-Durchschnitt und fast dreimal so viel wie in Deutschland. Vor allem unter den Selbstständigen grassiert die Steuerhinterziehung – vom Anwalt, der sein Honorar in bar kassiert und keine Quittung ausstellt, bis zum Handwerker, der schwarzarbeitet. Rückwirkend ab 2010 will Finanzminister Venizelos deshalb jetzt diese Berufsgruppen mit einer „Gewerbeabgabe“ von jährlich 500 Euro zur Ader lassen.

Ministerpräsident Papandreou bezeichnete den harten Sanierungskurs seiner Regierung als „schmerzhaft“, aber „sozial notwendig“. Bei der Eröffnung einer zweitägigen Konferenz der Sozialistischen Internationale im Badeort Vouliagmeni bei Athen sagte er, die „schwierigen“ Maßnahmen dienten der „Rettung der Löhne“ und der Vermeidung der Insolvenz kleiner und mittlerer Unternehmen. Griechenland gewinne mit dem Sparprogramm „Zeit für wirkliche tiefgreifende Reformen“. (mit AFP)

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