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Politik: Lafontaine dreht auf (Kommentar)

Mit Oskar Lafontaines Abrechnungsbuch verhält es sich so ähnlich wie mit der Sonnenfinsternis: Schon Monate vor dem Ereignis liefern sie so viel Stoff für Sondersendungen, Artikel und Diskussionen, dass alle längst übersättigt sind, wenn das Ereignis endlich eintritt. Die Rückkehr Lafontaines in die politische Öffentlichkeit aber soll, anders als das Himmelsspektakel vom August, kein Minutenereignis bleiben.

Mit Oskar Lafontaines Abrechnungsbuch verhält es sich so ähnlich wie mit der Sonnenfinsternis: Schon Monate vor dem Ereignis liefern sie so viel Stoff für Sondersendungen, Artikel und Diskussionen, dass alle längst übersättigt sind, wenn das Ereignis endlich eintritt. Die Rückkehr Lafontaines in die politische Öffentlichkeit aber soll, anders als das Himmelsspektakel vom August, kein Minutenereignis bleiben. Sein gestriges Interview mit der "Welt am Sonntag" war nur der Anfang. Die Spannung muss sich noch steigern, damit "Das Herz schlägt links" sich verkauft. Bekanntlich giert alle Welt nach kleinen schmutzigen Geheimnissen aus dem innersten Zirkel der Macht und nach Bekenntnissen vom Gedemütigten. Nichts davon findet sich in dem Interview. Seinen urplötzlichen Abgang stellt Lafontaine als Ergebnis nüchterner Überlegung dar, den Widersacher im Kanzleramt greift er nur indirekt an. Der Ruheständler scheint gefangen in einem unauflösbaren Dilemma: Das Buch soll ein Ereignis werden, aber der Wunsch, wieder mitzuspielen, verbietet ein allzu offenes Nach-Tarocken. Deutlich ist: Das politische Temperament Lafontaine bereut den Abgang. Das Schicksal seiner Grundüberzeugungen, so will er uns weißmachen, sei ihm wichtiger als die eigene Geltung. Sicher wird Lafontaines Buch-Projekt ein Verkaufserfolg. Aber seine politische Sache wird es kein bisschen voranbringen.hmt

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