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Landtagswahlen: Grüner Frühling

2011 wird in sieben Ländern gewählt – der Aufschwung für SPD und die Ökopartei dürfte sich fortsetzen.

Es ist mal wieder vom Superwahljahr die Rede. In sieben Bundesländern wird 2011 gewählt. Einen Trend kann man heute schon prognostizieren: Es wird ein eher gutes Jahr für SPD und Grüne. Die Sozialdemokraten könnten die Zahl ihrer Landesregierungschefs vermehren, während die Grünen weiter auf Wolke 20plus in neue Höhen schweben – selbst wenn die gegenwärtigen Umfragewerte sich in der Wahlwirklichkeit nicht ganz realisieren lassen. Für CDU und FDP dürfte es dagegen ein eher nicht so gutes Wahljahr werden. Vor allem, wenn Schwarz-Gelb Baden-Württemberg verliert – dann gibt es ein mittleres Beben auf Bundesebene. Wobei der größte anzunehmende Unfall für die Regierung Merkel/Westerwelle schon im Mai 2010 passierte – die Niederlage in Nordrhein-Westfalen kostete die Mehrheit im Bundesrat. Die wird Schwarz-Gelb 2011 nicht zurückgewinnen. Läuft es für die Oppositionsparteien bestens, könnte es sogar zu einer Gegenmehrheit in der Länderkammer kommen, die gegenwärtige unentschiedene Hängepartie würde enden. Dann wird es für die Bundesregierung noch ein wenig schwieriger.

HAMBURG, 20. 2.: Es wird wohl ein blendender Auftakt für die SPD. Olaf Scholz, ihr Spitzenkandidat, wird mit seinem Renommee als Vernunftpolitiker und ehemaliger Bundesminister an die besseren Zeiten der Hamburger SPD anzuknüpfen versuchen. Und wenn dann noch Helmut Schmidt ein wenig hilft … Den Grünen wird die Koalition mit der CDU nicht nachgetragen werden. So dürfte es bequem für eine rot-grüne Koalition reichen. Die CDU, deren Erfolg in den letzten zehn Jahren vor allem mit dem populären Ole von Beust zusammenhing, läuft dagegen Gefahr, wieder in ihre alte Rolle in der Hansestadt zurückzufallen: eine mit sich selbst beschäftigte Randexistenz. Für den Bundesrat heißt das: Drei Stimmen wandern vom neutralen ins Oppositionslager.

SACHSEN-ANHALT, 20. 3.: Es könnte gut weitergehen für die SPD. Landesvater Wolfgang Böhmer (CDU) tritt nicht mehr an. Der sozialdemokratische Finanzminister Jens Bullerjahn wird sich wohl gegen den blassen CDU-Spitzenkandidaten Reiner Haseloff als wahrer Erbe Böhmers darstellen, der für eine solide Haushaltspolitik steht und das Land aus seiner Position als letztes Wägelchen im Länderzug herausführt. Freilich ist die Hoffnung, die CDU zu überholen, um dann wieder mit ihr zu koalieren, tapfer – die letzten Umfragen deuteten nicht darauf hin. Auch die Linke liegt demnach vor der SPD. Klappt Rot-Schwarz nicht, könnte es somit wieder auf Schwarz-Rot hinauslaufen. Es sei denn, die SPD akzeptiert einen Linken-Ministerpräsidenten, oder die Linke einen von der schwächeren SPD. Für den Bundesrat bedeutet das: keine Bewegung oder Stärkung der Opposition.

BADEN-WÜRTTEMBERG, 27. 3.: Jetzt wird es wirklich ernst. Grüne und SPD wittern seit Monaten Morgenluft. Eine grün-rote Koalition unter dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann – im Bereich des Möglichen. Allerdings zeichnet sich kein grün-roter Koalitionswahlkampf ab. Ministerpräsident Stefan Mappus wird Ängste schüren, dass es der Top- Wirtschaftsregion ohne ihre seit 57 Jahren amtierende Dauerregierungspartei CDU schlechter gehen könnte. Unklar ist derzeit, welchen Mobilisierungseffekt das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 im März noch haben wird. Die letzte Umfrage zeigte Schwarz-Gelb und Grün-Rot fast gleichauf. Am Ende steht möglicherweise Schwarz-Rot, weil die SPD eine entgegenkommende CDU den stark gewordenen Grünen vorzieht. Ein Verlust von Baden-Württemberg wäre für Schwarz-Gelb atmosphärisch schlimmer als die Niederlage in NRW. Im Bundesrat würden nochmals sechs Stimmen fehlen, die im neutralen oder im Oppositionslager landen.

RHEINLAND-PFALZ, 27. 3.: Kurt Becks letzte Wahl, denn irgendwann in der nächsten Wahlperiode wird der dienstälteste Ministerpräsident wohl Abschied nehmen. Aber zuvor will er nochmals gut abschneiden. Ob es wieder zu einer Mehrheit der Mandate für die SPD reicht, ist ungewiss. Selbst in Rheinland-Pfalz, ihrer westdeutschen Diaspora, könnten die Grünen so stark werden, dass Beck mit ihnen koalieren muss. Oder aber mit der FDP, das gab es schon mal, und Beck ist pragmatisch. Für die CDU wird in der Heimat Helmut Kohls wieder nichts zu holen sein, auch wenn die aus der Berliner Politik abgeordnete Julia Klöckner (am Samstag mit 99,6 Prozent zur Spitzenkandidatin bestimmt) den nach der Finanzaffäre der Fraktion desolaten Zustand der Landes-CDU ein wenig verdecken kann. Im Bundesrat verändert die Rheinland-Pfalz-Wahl also wenig.

BREMEN, 22. 5.: Ein Heimspiel für Rot- Grün? Ja, wenn die Bremer Wählerschaft sich dem absehbaren rot-grünen Trend nicht verschließt. Es könnte aber auch ein wenig anders kommen. Denn erstmals im Wahljahr wird sich der Blick stärker auf die Linke richten. Düsseldorfer Verhältnisse also in der Hansestadt, mit einer rot-grünen Minderheitsregierung, gestützt von links? Derzeit sieht es aber nicht so aus. Die Grünen dürften auch in Bremen zulegen, und Jens Böhrnsen kann aus der Rolle des Regierenden heraus für die SPD Punkte sammeln – wohl auch auf Kosten der traditionell schwachen Bremer CDU. Mithin: keine große Wirkung der Bremen-Wahl auf den Bundesrat.

MECKLENBURG-VORPOMMERN, 4. 9.: Im Nordosten geht es vermutlich um die Frage: Mit wem regiert die SPD die nächsten fünf Jahre? Weiter mit der CDU oder wieder mit der Linken, wie vor 2006? Der sozialdemokratische Ministerpräsident Erwin Sellering neigt möglicherweise der Linken zu, zumal der Haushalt zusammen mit der Union teilsaniert wurde und man nun wieder ans Geldausgeben denken möchte. Doch muss die SPD dann auch besser als die Linke abschneiden, die eigentliche Herausforderung. Ob die CDU stärkste Partei wird, ist ungewiss. Schafft sie das, ist Rot-Rot noch wahrscheinlicher. Und das hieße: Nochmals drei Stimmen für die Opposition im Bundesrat. Dass die Grünen im Nordosten keine Macht sind, wird kaum zum Thema werden – denn die Blicke der politischen Beobachter werden sich schnell Richtung Hauptstadt wenden.

BERLIN, 18. 9.: Und hier werden die Grünen Furore machen. Klaus Wowereit oder Renate Künast – in Berlin geht es um zwei Personen, deren Programme nicht weit auseinanderliegen. Ob es zum grünen Erfolg kommt, ob Künast Regierende Bürgermeisterin werden kann, hängt auch vom Ergebnis ihrer Partei in den Wahlen zuvor ab. Fallen nämlich die Grünen deutlich hinter ihre demoskopischen Werte zurück, könnte die Ernüchterung schnell folgen. Dennoch kann Künast ein historisches Spitzenergebnis für ihre Partei einfahren. Wowereit wiederum könnte vom Trend zu einer etwas stärkeren SPD profitieren. Aber ob nun Rot-Grün, Grün-Rot oder abermals Rot-Rot – bundespolitisch ist das gleich: Im Bundesrat bleibt die Hauptstadt im Oppositionslager, was die schwarz-gelbe Bundesregierung allenfalls juckt, weil man die Hauptstadthilfen an den politischen Gegner ausschütten muss. Das aber kennt man schon. Und eines bleibt, egal wer regiert: Berlin wird weiter ein Sanierungsfall für den Rest der Republik sein.

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