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Politik: Landwirte geben Ernten verloren

Trockenheit hat dramatische Folgen / Ein Drittel des Getreides kaum zu retten / Brandenburg leidet stark

Berlin - Die ungewöhnliche Frühlings-Hitzewelle wird den Bauern offenbar eine Missernte von historischem Ausmaß bescheren. Auf rund einem Drittel der Anbauflächen drohten Getreide und Weidegras zu vertrocknen, sagte Michel Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbandes dem Tagesspiegel. Eine solche Situation habe es zu dieser Jahreszeit noch nicht gegeben. Auch auf den übrigen Flächen rechnet der Verband mit Einbußen, sollte es nicht wider Erwarten in Kürze regnen. Im April war nur gut fünf Prozent des üblichen Regens gefallen. Greift die Hitze junge Pflanzen an, ist von der Ernte oft nichts zu retten.

„Der Schaden ist in einigen Regionen schon zu groß, als dass er noch repariert werden könnte“, sagte Lohse. Auch ein tagelanger Landregen könne den Pflanzen auf sandigen Böden kaum noch helfen. Da die Meteorologen für die nächsten Tage keinen nennenswerten Niederschlag erwarten, müssen Verbraucher mit höheren Preisen für Gemüse, Milch und Fleisch rechnen.

In Brandenburg, wo das Wasser sich nicht lange in den sandigen Böden hält, haben viele Bauern den Kampf gegen die Hitze bereits verloren gegeben. Viele hätten in dieser Woche damit begonnen, ihre Äcker samt dem dahingerafften Wintergetreide umzupflügen, sagte Holger Brantsch, Sprecher des örtlichen Bauernverbandes, dieser Zeitung. Dazu seien die Bauern wegen einer so frühen Hitzewelle noch nie gezwungen gewesen.

Politiker und Agrarexperten fordern bereits, die Landwirtschaft müsse sich wegen des Klimawandels grundlegend umorientieren – besonders im trockenen Osten. „Es ist an der Zeit, dass die brandenburgische Landesregierung eine längerfristige Strategie zur Anpassung der Landwirtschaft erarbeitet“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn, dem Tagesspiegel. „Für die Bauern kann das zum Beispiel die Umstellung auf andere, hitzeresistentere Pflanzen bedeuten.“ Unterstützung erhielt sie von der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, die die Lage als „dramatisch“ bezeichnete.

Die CSU-Abgeordnete Marlene Mortler forderte, stillgelegte Flächen kurzfristig freizugeben. Das Thema stehe nächste Woche bereits auf der Agenda einer Koalitionsrunde, die sich mit Hilfen für die dürregeschädigten Bauern befasst. „Die Flächen sollten wieder genutzt werden, denn die Zeit der Überschüsse ist vorbei“, sagte Mortler dieser Zeitung.

Vereinzelt hat die Trockenheit bereits zu Preisschüben für landwirtschaftliche Produkte geführt. So wird laut Bauernverband das Futter für Kühe knapp und damit Milch teurer. Das Statistische Bundesamt hatte zuletzt um bis zu 26 Prozent höhere Preise für Gemüse ermittelt und dies auf die Hitze zurückgeführt.

Nils-Viktor Sorge

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