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Politik: Lebensgefühl, keine Bedrohung

Von Matthias Meisner, Wiesbaden Erst zum Schluss ihrer Rede kommt die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth auf die SPD zu sprechen. „Etliche Erfolge“ hätten die Grünen mit den Sozialdemokraten erzielt, sagt die Parteichefin.

Von Matthias Meisner,

Wiesbaden

Erst zum Schluss ihrer Rede kommt die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth auf die SPD zu sprechen. „Etliche Erfolge“ hätten die Grünen mit den Sozialdemokraten erzielt, sagt die Parteichefin. Doch beim Versuch, das Land zu verändern, sei ihre Partei auch „manchmal ausgebremst“ worden. Trotzdem sagt sie: „Wir haben der Modernisierung die Richtung gegeben.“ Und sie verspricht den Delegierten des Wiesbadener Parteitages, dass die Grünen auch nach der Wahl am 22. September „Reformmotor“ in der Regierung bleiben wollen.

Der Wahlkampf, den die Grünen führen wollen, soll aber kein rot-grüner Wahlkampf sein, sagt Roth. Mit grünen Inhalten wolle ihre Partei kämpfen. Und nicht als Kanzlerwahlverein dastehen. „Nicht mal als Vizekanzlerwahlverein“, fügt Roth in Anspielung auf die Nominierung von Joschka Fischer zum Spitzenkandidaten hinzu. Es ist eine kämpferische Rede, die Claudia Roth am Samstag hält. Immer wieder gibt es Zwischenapplaus für Roths Bericht über die Regierungserfolge. „Schöne Bilder“ hat die Grünen-Chefin schon bei einer Bahnreise durch Deutschland gesehen: Hunderte von Windrädern, vor der Abschaltung stehende Atomkraftwerke, knutschende schwule und lesbische Pärchen auf den Bahnhöfen. „Schmecken, sehen und fühlen“ könne man, wie das Land modernisiert werde. Die Grünen als Lebensgefühl, nicht als Bedrohung – das ist die Botschaft, die von dieser Rede ausgehen soll.

Polarisieren wollen die Grünen im Wahlkampf. Doch stattfinden soll die Auseinandersetzung nicht allein zwischen Gerhard Schröder und Edmund Stoiber, sondern zwischen denen, die auf „deutsche Leitkultur“ oder „großkoalitionären Stillstand“ setzen, und dem grünen Konzept einer „multikulturellen Demokratie". Nicht nur gegen die Union streitet Roth in ihrer Rede, auch gegen die „neoliberale FDP“ und die „strukturkonservative PDS". Konkurrenz droht den Grünen aus allen Richtungen, und sie sind nicht einmal sicher, ob sie alle Stammwähler mobilisieren können.

Gelernt haben wollen die Grünen auch aus den Fehlern der Vergangenheit – und sie wollen mit klaren Botschaften punkten. „Acht für acht“, lautet das Motto zur Bundestagswahl: Mit acht Kernforderungen sollen acht Prozent der Stimmen gewonnen werden. Eine erste Nagelprobe besteht die Partei: Als der Kreisverband Calw beantragt, die acht Punkte mit Forderungen zu Bildung, Frieden und Ostdeutschland zu bereichern, widerspricht Parteichef Fritz Kuhn nachdrücklich. „Wir müssen uns stärker um einfache Botschaften bemühen“, appelliert er – es bleibt bei der vom Vorstand vorgelegten Formulierung. Fritz Kuhn ruft die Grünen zur „Partei der sozialen Gerechtigkeit“ aus, die „klar nein zu allen neoliberalen Vorstellungen“ sagen werde. In der „Spaßpackung“ FDP stecke doch, sagt Kuhn, „nichts anderes als die alte hässliche Ellenbogenpolitik".

Anders als 1998, als die Forderung nach Anhebung des Benzinpreises auf fünf Mark pro Liter den Grünen im Wahlkampf schwer zu schaffen machte, sollen diesmal keine Stolpersteine im Wahlprogramm für Probleme sorgen. Die Vorstöße aus einigen Landesverbänden, die Festlegungen zur Fortschreibung der Ökosteuer konkret zu fassen, wurden nicht berücksichtigt. Stattdessen heißt es nun, bei der Entscheidung über weitere Erhöhungsschritte würden soziale Verträglichkeit und Spritpreise berücksichtigt.

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