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Nordkoreas Führer Kim Jong Un mit Gefolgsleuten.

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Update

Lebensmittel statt Kernwaffen: Nordkorea will Atomprogramm aussetzen

In den Verhandlungen um sein nationales Atomprogramm hat Nordkorea offenbar eingelenkt - und nach US-Angaben einem Moratorium zugestimmt. Im Gegenzug erklärten sich die USA zu Lebensmittelhilfen bereit.

Nordkorea hat überraschend einer Aussetzung seines Atomprogramms und der Rückkehr von UN-Inspekteuren zugestimmt. Wie das US-Außenministerium mitteilte, erklärte sich das nordkoreanische Regime bereit, seine Nukleartests und die Urananreicherung einzustellen und internationale Inspektoren in den Atomreaktor Yongbyon zu lassen. Zudem habe das Land einem Moratorium für den Start von Langstreckenraketen zugestimmt. Im Gegenzug verpflichteten sich die USA, 240000 Tonnen Lebensmittelhilfe in die darbende, von Misswirtschaft geplagte Volksrepublik zu liefern.

Es ist freilich zweifelhaft, ob das ein entscheidender Fortschritt war, um das nordkoreanische Atomprogramm zu stoppen. Das Regime in Pjöngjang ist zu unberechenbar, um weitere politische Verbesserungen, etwa durch die Fortsetzung der Sechs-Parteien-Gespräche der USA mit Südkorea, Japan, China und Russland zu prognostizieren. Die US- Außenministerin Hillary Clinton bezeichnete das Vorgehen Nordkoreas als "moderaten Schritt in die richtige Richtung". Washington werde die nordkoreanische Führung aufmerksam beobachten und nach ihren handlungen beurteilen, so Clinton. "Die USA haben nach wie vor starke Bedenken", erklärte sie vor einem Komitee des Abgeordnetenhauses. Ein Sprecher des Pentagon, Leslie Hull-Ryde, lobte die Entscheidung am Mittwoch als "positiven ersten Schritt hin zu einer kompletten und nachweisbaren Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel auf friedliche Weise, wie es unser Ziel bleibt. Auch der Nordkorea-Experte Gordon Chang äußerte sich gegenüber CNN skeptisch, zumal es nach seinen Informationen neben Yongbyon weitere Anreicherungs-Anlagen an unbekannten Orten in Nordkorea geben soll. „Wir stoppen also nur einen Teil des nordkoreanischen Atomprogramms“, sagte Chang. „Trotzdem ist das kein schlechter Deal.“

Abgesandte der USA und Nordkoreas hatten sich in der vergangenen Woche in Peking zu bilateralen Gesprächen getroffen. Das Nachgeben Nordkoreas dürfte noch auf den kürzlich verstorbenen nordkoreanischen Führer Kim Jong Il zurückgehen, dem jetzt sein Sohn Kim Jong Un nachgefolgt ist. Am 15. April 2012 will Nordkorea mit einem großangelegten Feiertag den 100. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il Sung begehen. An diesem Tag, so hatte Kim Jong Il angekündigt, werde sich das Land in eine starke, prosperierende Nation gewandelt haben. Nun könnten die Nahrungsmittelhilfen der USA zusammen mit den Lieferungen des politischen Verbündeten China am 15. April den Anschein erwecken, es ginge tatsächlich aufwärts mit Nordkorea. Kleine Zugaben wie eine neue Kaugummi-Produktionslinie dürften den gleichen Zweck erfüllen.

1994 gab es eine ähnliche Vereinbarung zwischen den USA und Nordkorea , die Nordkorea nach wenigen Monaten gebrochen hat. Oliver Beckmann, Ostasien-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, spricht dennoch von einem „sehr überraschenden und optimistisch stimmenden Signal aus Nordkorea.“ Schon die Tatsache, dass am Mittwoch das US- Außenministerium und das offizielle nordkoreanische Propagandaorgan Korean Central News Agency (KCNA) gleichzeitig und fast wortgleich auf ihren Seiten das Moratorium und die Zulassung von Inspektoren verkündeten, spreche dafür, „dass die neue nordkoreanische Führung es ernst meint“. Sie gehe damit in „Vorleistung“ für die voraussichtlich ab Sommer wieder beginnenden Sechs-Parteien-Gespräche zwischen Nord- und Südkorea, China, Russland, Japan und den USA.

Nach einem Besuch in Nordkorea im vergangenen Jahr hatten fünf US-Hilfsorganisationen Washington eindringlich zu Hilfslieferungen aufgefordert. Nach ihren Angaben war die Lebensmittelknappheit in dem Land so dramatisch, dass Menschen Gras äßen. Die US-Regierung hatte zwar Nordkorea nach Überschwemmungen im Herbst unterstützt, meidet aber sonst Hilfen aus Sorge vor deren möglichem propagandistischen Missbrauch durch das Regime. (mit AFP/dpa)

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