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Politik: Lebt wohl, Genossen

Die SPD verliert massiv Mitglieder, anderen Parteien geht es ähnlich. Nur die CSU bleibt stabil, und die Zahl der Grünen wächst sogar

Berlin . Fast alle im Bundestag vertretenen Parteien mussten in den vergangenen zehn Jahren einen Mitgliederschwund hinnehmen. Nur die Grünen legten zu, während die CSU stabile Zahlen aufweist, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur ddp ergab. Besonders hart hat es die SPD getroffen, seit Ende 1993 hat die Partei 211000 Mitglieder verloren. 2003 sank die Mitgliederzahl auf den historischen Tiefstand von 650 798.

Doch auch die Konkurrenz hat massiv Mitglieder verloren. Die Mitgliederzahl der CDU ging seit Ende 1993 um gut 98000 auf 587244 zurück und die der FDP um 29000 auf 65192. Die PDS, die noch keine Angaben für 2003 machen konnte, kam Ende 2002 auf 70805 Mitglieder und damit auf knapp 61000 weniger als Ende 1993. Die CSU blieb mit knapp 180000 Mitgliedern fast stabil. Den Grünen gehörten Ende vergangenen Jahres 44241 Personen an und damit 4480 mehr als zehn Jahre zuvor.

Die in den letzten Monaten besonders intensive Austrittswelle bei der SPD ist mit dem Wechsel an der Parteispitze offenbar gestoppt worden. Zuvor hatten allerdings allein im Januar noch rund 10000 der bis dahin 650000 Mitglieder die SPD verlassen, berichtete die „Bild am Sonntag“. Schröder hatte am 6. Februar zu Gunsten von Fraktionschef Franz Müntefering den Verzicht auf sein Amt als Parteivorsitzender angekündigt und offenbar einen Stimmungswechsel an der Basis ausgelöst. Den seit Monaten anhaltenden Mitgliederschwund der SPD führen Beobachter vor allem auf die Einführung der Praxisgebühr und der Krankenbeiträge auf Betriebsrenten zurück.

Schon 2003 hatte sich der Mitgliederschwund bei den Sozialdemokraten dramatisch verstärkt. Verzeichnete die SPD 2002 noch rund 26000 Austritte, waren es im vergangenen Jahr 38437 – bei nur knapp 10829 Eintritten. In den Siebzigerjahren gab es noch eine Million Genossen. Ausnahmslos alle Landesverbände waren von der Entwicklung betroffen. Besonders hart traf es die SPD Nordrhein–Westfalen mit 31 Prozent aller Austritte, gefolgt von den Landesparteien in Bayern und Rheinland-Pfalz.

„Das letzte Jahr war außergewöhnlich“, sagt Christian Kröning, SPD-Geschäftsführer in Schleswig-Holstein. „Als Grund für die Austritte wurde sehr häufig die Bundespolitik, insbesondere die Agenda 2010 genannt.“ Auch im Januar 2004 hat sich der Trend fortgesetzt: „Da gab es noch einmal verstärkt Austritte“, erklärt der bayerische SPD-Geschäftsführer Hans-Peter Adler. Zudem sind die Parteimitglieder durchschnittlich viel älter als früher. Ende 2003, hat die Zeitung „Die Welt“ ermittelt, waren nur noch 7,99 Prozent der Mitglieder im Juso-Alter. In der Gruppe „60plus“ sei der Anteil auf 42,23 Prozent gestiegen. Im Jahr 1974 habe das Verhälnis noch 30,9 zu 22,6 Prozent betragen.

Prozentual hat allerdings nicht die SPD, sondern die PDS in den vergangenen zehn Jahren die meisten Mitglieder verloren: Die Sozialisten verloren 46,1 Prozent. Bei der FDP betrug der Rückgang 30,8, bei der SPD 24,5 und bei der CDU 14,3 Prozent.Tsp

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