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Leonardo Boff: Anwalt der Armen

Der Befreiungstheologe Leonardo Boff ist 70. Der Vatikan erteilte ihm einst Redeverbot.

Von Michael Schmidt

Berlin - Bis zum jüngsten Gericht werde er für Gerechtigkeit kämpfen, sagt Leonardo Boff. Da sei er wie ein Schwabe – er müsse schaffen, schaffen, schaffen. Der Versuch des katholischen Theologen aus Brasilien, eine „Kirche von unten“ zu schaffen, seine Kirche zu verpflichten, sich vor allem um die Armen, die Ausgeschlossenen und die Umwelt zu kümmern, hat ihm nicht nur weltweite Popularität eingebracht, sondern 1985 auch ein Redeverbot des Vatikan. Sein großer Widersacher damals: Kardinal Joseph Ratzinger. Den heutigen Papst Benedikt XVI. nennt er „von Grund auf reaktionär“. Leonardo Boff, dessen Name wie der kaum eines Zweiten mit der „Theologie der Befreiung“ verbunden ist, trat nach weiteren Konflikten mit Rom 1992 aus dem Franziskanerorden aus und legte das Priesteramt nieder. An diesem Sonntag wird er 70 Jahre alt.

Der Sohn italienischer Einwanderer war 1964 in den Orden eingetreten. Das Studium in Europa, darunter beim Jesuiten Karl Rahner in München, beendete er 1970 mit einer Doktorarbeit. Er ging nach Lateinamerika zurück, auf einen Kontinent, der von Militärdiktaturen, Armut und krassen Ungerechtigkeiten geprägt war. Sein erklärtes Hauptziel: Wege aus dem Elend zu finden.

Boff begann Bücher zu schreiben, gab die Reihe „Theologie und Befreiung“ heraus und war nicht mehr nur Fachleuten bekannt, als er 1981 das Buch „Kirche: Charisma und Macht“ herausgab. Eben jenes Werk, das den massiven Widerspruch Roms und das Redeverbot – ein „Bußschweigen“ – des Vatikans provozierte: Boff stellte darin das katholische Kirchenbild in Frage. Der Institution hielt er die „wahre Kirche“ des Heiligen Geistes entgegen: die lebendige Kirche der Armen.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Priesteramt 1992 lehrte er Ethik, Philosophie und Religion an der Universität von Rio de Janeiro. Er engagiert sich für Basisgemeinden und widmet sich verstärkt ökologischen Themen. Der nimmermüde Kämpfer, inzwischen in einer „postmodernen Beziehung“ verheiratet mit der geschiedenen Theologin Marcia Maria Monteiro de Miranda, kümmert sich in seiner Freizeit um Straßenkinder – und um seinen Garten: Boff lebt in einem Naturschutzreservat. Michael Schmidt

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