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Politik: Letzte Ungereimtheiten

Bush will in Polen nochmals für den Raketenschirm werben – die Regierung brüskiert EU und Nato

US-Präsident Bush ist auf Werbetour für seinen Raketenschirm. An diesem Freitag macht er Station in Polen. Im persönlichen Gespräch mit seinem Kollegen Lech Kaczynski sollen die letzten Ungereimtheiten geklärt werden. Ort der Begegnung ist die Halbinsel Hel an der Ostseeküste, wo Bush sich mit Kaczynski in dessen Sommerhaus trifft. Demonstranten werden auch da sein, sie wollen gegen das umstrittene Projekt des Raketenschirms protestieren. Ihr Motto: „Welcome to Hell“. Damit der hohe Gast davon nichts mitbekommt und um die befürchteten Krawalle zu verhindern, sind nach offiziellen Angaben rund 2000 Polizisten im Einsatz – die 200 amerikanischen Agenten nicht mitgezählt.

Organisiert wird die Kundgebung von der linken Initiative „Stoppt den Krieg“. Diese hofft wegen der spektakulären Demonstrationen beim G-8-Gipfel in Heiligendamm auf besonders großen Zulauf. „Bushs Besuch ist eine gute Gelegenheit, um gegen den Bau von Elementen des Raketenschildes zu protestieren und um ein Referendum zu verlangen", sagt der Sprecher Filip Ilkowski. Dass es zu solch einer Volksabstimmung kommt, ist allerdings mehr als unwahrscheinlich. Denn sie würde das Ende für eines der Lieblingsprojekte der Regierenden in Warschau bedeuten, weil weit über die Hälfte der Polen gegen einen Raketenschirm sind.

Dass es auch zwischen Polen und den USA noch einige grundsätzliche Ungereimtheiten zu klären gilt, zeigte sich in den Tagen vor dem Treffen auf Hel. So machte in Polen die Meldung die Runde, dass sich Warschau nach Ansicht Washingtons an den Kosten des Baus der Raketenbasen beteiligen solle. Ein Ansinnen, das Präsident Kaczynski allerdings vehement zurückwies. Zudem will man auch keine eigenen Soldaten für die Sicherung der Systeme zur Verfügung stellen.

Kein Klärungsbedarf besteht allerdings in der Frage, weshalb Polen in dieser Sache bereit ist, die Nato und die EU gleichermaßen zu brüskieren. Die Regierung will vor allem Vorteile für Polen herausschlagen. Vizeaußenminister Witold Waszczykowski macht daraus kein Geheimnis. Polen hoffe, sagte er der Tageszeitung „Rzeczpospolita“, auf einen „militärisch-politischen Pakt mit den USA“, der die Sicherheit des Landes stärken könne.

Dass das Land bereits unter dem Schutz der Nato steht, nimmt man in Warschau eher beiläufig zur Kenntnis. Auch drei Jahre nach dem Beitritt des Landes zur EU traut man den neuen Partnern im Westen nicht. Als Beispiel wird immer wieder der Streit um die Pipeline zwischen Russland und Deutschland angeführt. Polen sah sich von seinen Verbündeten damals im Stich gelassen und zwischen den egoistischen Interessen dieser beiden großen Länder aufgerieben.

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