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Im Libanon protestieren die Menschen seit Wochen gegen Misswirtschaft und Korruption.

© dpa/EPA/Nabil Mounzer

Nach Protest in Beirut: Libanon beschließt Aktionsplan gegen Müllnotstand

Aus der Müllkrise war eine Staatskrise geworden. Nun hat die libanesische Regierung reagiert. Aber der Müll ist nicht das einzige Problem.

Nach wochenlangen Protesten der Bevölkerung hat die libanesische Regierung einen Aktionsplan gegen die Müllkrise beschlossen. Geplant seien unter anderem zwei Müllkippen mit großer Kapazität, teilte Landwirtschaftsminister Akram Schehajeb am Mittwochabend in Beirut mit. Die Einigung erfolgte nach gut sechsstündigen Beratungen des Kabinetts, die von neuen Protesten in Beirut begleitet wurden. Die Müllkrise hat sich bereits zu einer umfassenden Staatskrise ausgeweitet.

"Heute Abend hat das Kabinett den Weg aus der Krise beschlossen", erklärte Landwirtschaftsminister Schehajeb. Ministerpräsident Tammam Salam hatte das Krisentreffen einberufen. Der Aktionsplan sieht unter anderem vor, die Verwaltung der Müllkippen im Land zu dezentralisieren, wie es bei den Demonstrationen der vergangenen Wochen gefordert worden war. Die Kommunen sollen nun Gelder erhalten, um die Müllhalden zu betreiben.

Vorgesehen ist den Angaben zufolge auch, zwei bestehende Müllhalden in der nördlichen Region Akkar sowie im Osten des Libanon in Mülldeponien umzuwandeln, auf denen mehr als ein Jahr lang Abfall abgeladen werden könne. Auch eine alte Müllhalde außerhalb von Beirut sowie eine Aufbereitungsanlage in Sidon sollen laut Aktionsplan genutzt werden. Experten zufolge könnte der Libanon viel Müll vermeiden, wenn das Land mehr Abfälle recycle.

Die Müllkrise hatte begonnen, nachdem Mitte Juli nahe der Hauptstadt Beirut die Müllkippe Naameh, die größte Mülldeponie des Landes, geschlossen worden war. Mittlerweile türmt sich der Abfall auf Straßen, leer stehenden Grundstücken und in Flussbetten. Um Beirut und die Vororte ringsum schnell von den Müllbergen zu befreien, soll laut Schehajeb die Müllkippe Naameh nun für eine Woche wieder geöffnet werden. Die Anwohner hatten allerdings angekündigt, sie würden eine erneute Inbetriebnahme der Deponie aus welchem Grund auch immer nicht hinnehmen.

Auch Aktivisten und Anwohner der Müllhalde in Akkar stellen sich gegen deren Umwandlung in eine große Deponie. Zehntausende Libanesen schlossen sich den Demonstrationen an, die unter dem Motto "Ihr stinkt" stehen. Es sind die ersten Massenproteste, bei denen die Angehörigkeit zu Parteien oder Religionsgruppen nicht im Vordergrund steht.

Auch am Mittwochabend demonstrierten in Beiruts Zentrum hunderte Menschen gegen die Politiker. Seit Wochen fordern die Menschen nicht nur eine Lösung für das Müllproblem, sondern auch ein Ende der Korruption und der Misswirtschaft sowie Verbesserungen bei der Infrastruktur des Landes wie der Strom- und Wasserversorgung. Allgemeine Unzufriedenheit herrscht zudem über die schlechte Wirtschaftslage im Libanon.

Das Land steckt schon seit längerem in einer tiefen politischen Krise. Das Parlament ist tief gespalten zwischen einem von den USA und Saudi-Arabien unterstützten Lager um den sunnitischen Ex-Ministerpräsidenten Saad Hariri und einem von der schiitischen Hisbollah angeführten Block, der unter anderem vom Iran und Syrien unterstützt wird. Das Amt des Präsidenten ist seit mehr als einem Jahr vakant. Die Wahl eines neuen Staatsoberhaupts durch das zerstrittene Parlament scheiterte bereits 28 Mal.

Auch die Regierung, die aus beiden Lagern gebildet wurde, wird seit Monaten durch Streitigkeiten gelähmt. Dem Treffen zur Müllkrise blieben mehrere Kabinettsmitglieder fern. (AFP)

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