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Libanon-Einsatz: Debatte um Truppenstärke

Nach verwirrenden Äußerungen von Verteidigungsminister Jung diskutiert Deutschland über die Stärke des Kontingents für einen Libanon-Einsatz. Während Jung mehr als 1200 Soldaten für möglich hält, geht SPD-Politiker Erler davon aus, dass weit weniger gebraucht würden.

Berlin/Rostock - Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat mit seinen Angaben zur Truppenstärke des Libanon-Einsatzes Widerspruch ausgelöst. Auswärtiges Amt und Mitglieder der Regierungsfraktion bezweifelten Jungs Angaben, wonach mehr als 1200 Bundeswehr-Soldaten entsandt werden könnten. Diese Schlussfolgerung ergebe sich nicht aus dem, was bei der Uno beschlossen wurde, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), im RBB-Inforadio. Auch Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach bestätigte Jung ausdrücklich nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich bei einem Marine-Besuch nicht zu der Frage.

Erler: "Gar nicht so viel Platz"

"Die letzte Zahl, die ich aus New York gehört habe, war, dass etwa 1400 Mann insgesamt für die maritime Streitmacht gebraucht würden", sagte Erler. Dabei müsse eingerechnet werden, dass auch andere - vor allem skandinavische Länder - ebenfalls Schiffe entsenden wollten. "Wenn sich diese Zahl bestätigt, dann ist gar nicht soviel Platz, dass Deutschland da mehr als bisher zugesagt entsenden könnte."

Jung hatte in einem am Mittwochabend vorab veröffentlichten Interview gesagt, er gehe davon aus, dass im Falle eines deutschen Einsatzes mehr als 1200 Bundeswehr-Soldaten in den Nahen Osten geschickt würden. Eine konkrete Zahl nannte er aber nicht. Über die 1200 Soldaten hatte vergangenes Wochenende das Magazin "Spiegel" berichtet; die Bundesregierung hatte dies nie offiziell bestätigt. Auch Jungs Parteikollege Bosbach sagte, er kenne bisher nur die Zahl 1200 und verwies auf ein Gespräch seiner nordrhein-westfälischen Fraktionslandesgruppe mit Merkel am Vorabend.

Merkel: Aufgaben erst konkret definieren

Die Bundeskanzlerin selbst nahm zu der Frage der Truppenstärke nicht Stellung. Auch der Inspekteur der Marine, Wolfgang Nolting, wollte sich dazu nicht äußern. Erst müssten die Aufgaben konkret definiert und angefordert sein, bevor über die Zahl der Mannschaften und Schiffe geredet werde, betonte der Vizeadmiral bei dem Besuch Merkels in Warnemünde. Auch die Kanzlerin wies erneut darauf hin, dass die deutsche Beteiligung eine Anforderung der libanesischen Regierung voraussetze. Sie betonte zugleich, dass die Marine auf einen Einsatz vorbereitet sei. Sie habe den Eindruck gewonnen, "dass die Marine bereit ist, Verantwortung zu übernehmen", sagte sie auf der Fregatte "Sachsen" in Warnemünde.

Die "Sachsen" mit ihren 230 Mann Besatzung wird vor allem als Führungsschiff eines Verbandes und zur Luftraumüberwachung und Luftabwehr eingesetzt. Ob das Schiff für einen Libanon-Einsatz vorgesehen ist, sagte die Kanzlerin nicht. Deutschland hat bislang bei der Uno angeboten, sich vor allem mit Marinekräften an der UN-Friedenstruppe zu beteiligen. Einen konkreten Beschluss dazu könnte das Kabinett auf einer Sondersitzung am Montag fassen, anschließend müsste der Bundestag zustimmen.

Bei der Abstimmung wird von den SPD-Abgeordneten nach Angaben von Fraktionschef Peter Struck (SPD) - wie bei der Entscheidung über andere Bundeswehr-Einsätze - keine Fraktionsdisziplin erwartet. Er gehe aber von einer breiten Mehrheit für den Einsatz aus, auch in der SPD-Fraktion, betonte Struck in der "Frankfurter Rundschau". (tso/AFP)

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