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Libanon-Mission: Kurz vor der Katastrophe

Französische Soldaten der UN-Friedenstruppe im Libanon haben Ende Oktober kurz vor dem Abschuss von Raketen auf israelische Kampfjets gestanden. Die Maschinen hätten eine "Angriffshaltung" eingenommen.

Paris/Tyrus - Die Flüge israelischer Kampfflugzeuge über dem Libanon haben schwere Spannungen zwischen Frankreich und Israel ausgelöst. Wie die Regierung in Paris bekannt gab, standen französische Soldaten der UN-Friedenstruppe im Libanon (Unifil) Ende Oktober kurz davor, Raketen auf israelische Kampfjets abzufeuern. Die Soldaten seien "nur zwei Sekunden" davor gewesen, "auf die Flugzeuge zu feuern, die direkt unsere Truppen bedroht haben", sagte Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie. Israels Armee erklärte, sie wisse nichts von einem solchen Zwischenfall. Paris bestellte Israels Botschafter ein und verlangte ein Ende der Libanon-Überflüge. Unterdessen wurde ein neuer Überflug gemeldet.

Nach Angaben von Alliot-Marie gingen israelische F-15-Maschinen am 31. Oktober "im Sturzflug" auf eine französische Unifil-Stellung im Südlibanon, bevor sie plötzlich wieder hochzogen. Dies sei üblicherweise eine "Angriffshaltung, um Bomben abzuwerfen oder Schüsse mit der Bordkanone abzugeben". Das "unverantwortliche" Verhalten der Piloten könne nicht toleriert werden. Frankreichs Unifil-Soldaten hätten sich in einer Situation befunden, "in der sie Notwehr-Schüsse abgeben müssen", aber hätten "eine Katastrophe gerade noch verhindert". Wegen der anfliegenden Jets hätten die Soldaten bereits die Abdeckungen ihrer Raketenstellung entfernt und sich auf Abwehrfeuer vorbereitet gehabt.

Israelische Maschinen im Tiefflug über Beirut

Nach israelischen Tiefflügen hatte die libanesische Armee am 31. Oktober erstmals seit Monaten auf Flugzeuge gefeuert. Mehrere Jets waren damals über die Hauptstadt Beirut und ihre schiitischen Vororte hinweggerast. Auch im Südlibanon wurden Maschinen im extremem Tiefflug gesichtet. Die libanesische Armee erklärte damals, Abwehrstellungen hätten dort das Feuer auf die Kampfjets eröffnet, um die Souveränität des Landes zu verteidigen.

Frankreich, das die Unifil führt, verurteilt die Flüge seit Wochen als "Verletzung der libanesischen Souveränität". Offiziell sieht Israel darin bloße Routine-Missionen zur Aufklärung. Vergangene Woche wurde aber ein internes Papier der israelischen Armeeführung bekannt. Demzufolge sollen die Flüge als "Druckmittel" eingesetzt werden, damit sich die internationale Gemeinschaft für die Freilassung der beiden am 12. Juli von der Hisbollah verschleppten israelischen Soldaten einsetzt und Waffenschmuggel aus Syrien und dem Iran an die Miliz unterbindet.

"Ein Wunder, dass nichts Schlimmes passiert ist"

Alliot-Marie verwies auf weitere Zwischenfälle mit israelischen Jets, die "sehr schwer wiegend hätten sein können". Sie nannte Anflüge auf französische und deutsche Schiffe vor der Küste Libanons. Außenminister Philippe Douste-Blazy sagte mit Blick auf den 31. Oktober, es sei "ein Wunder, dass nichts Schlimmes passiert ist". Nach dem Gespräch zwischen Douste-Blazy und Israels Botschafter Daniel Shek im Pariser Außenamt betonte auch das französische Außenministerium, es habe damals beinahe einen "schwer wiegenden Zwischenfall" gegeben. Israel müsse derartige Handlungen einstellen, sagte Ministeriumssprecher Jean-Baptiste Mattéi.

Nach libanesischen Angaben verletzte die israelische Luftwaffe am Donnerstag erneut den libanesischen Luftraum: Wie es aus Sicherheitskreisen in Tyrus hieß, überflogen zwei Jagdbomber in großer Höhe zunächst den Küstenort Nakura nahe der israelischen Grenze, wo die Unifil ihr Hauptquartier aufgeschlagen hat. Anschließend überflogen die Maschinen den Süden des Libanon und schließlich in niedriger Höhe auch Baalbeck im Osten des Landes. (tso/AFP)

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