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Libanon: Parteien suchen Kompromiss

Nach dem Sieg der Armee über die Islamisten kommt Bewegung in den Verfassungsstreit. Die Opposition zeigt sich kompromissbereit.

Im Libanon gibt es Hoffnung auf eine Lösung der seit Monaten andauernden Verfassungskrise. Nachdem es der libanesischen Armee am Sonntag gelang, das von Kämpfern der Fatah al Islam kontrollierte Palästinenserlager Bahr al Bared bei Tripoli nach fast vier Monaten zu erobern, kommt Bewegung in den Streit zwischen Regierung und Opposition. Bei den Kämpfen waren 38 Mitglieder der von al Qaida inspirierten Gruppe ums Leben gekommen, darunter auch der Anführer Schaker al Abssi. Die libanesische Presse feierte den Sieg der Armee am Montag als Zeichen der nationalen Einheit. Er zeige, „dass die Armee den Rückhalt aller Libanesen und ihrer Politiker hat“, schrieb die Tageszeitung „An-Nahar“, die anti-syrischen Kräften nahe steht. Dies könne dazu betragen, eine „Atmosphäre der Einheit“ in dem politisch zerstrittenen Land zu schaffen, heißt es weiter. Auch die syrienfreundliche Tageszeitung „As-Safir“ sieht einen „Hoffnungsschimmer“, dass alle Parteien „ihre Arroganz und ihr Bestreben, allein für das Land zu sprechen, beiseite schieben.“

Der Libanon steckt seit dem Auszug von sechs Ministern aus der Regierung von Premier Fuad Seniora im November in einer tiefen Krise. Dabei stehen die syrienkritische Rumpfregierung und anderer syrienkritische Kräfte, die vom Westen unterstützt werden, einer Opposition aus der schiitischen Hizbollah und dem Christenführer Michel Aoun gegenüber, die den Rückhalt Syriens und Irans hat.

Die Opposition forderte vergeblich eine Mehrheit der Kabinettsposten. Damit war die Regierung relativ handlungsunfähig – ebenso wie auch das Parlament. Parlamentssprecher Nahib Berri von der schiitischen Amal-Bewegung weigert sich seit Monaten, die Versammlung zusammenzurufen, in der die Regierung Senioras eine Mehrheit hat. Nun konzentriert sich alles auf die Präsidentschaftswahl, die zwischen dem 25. September und 24. November stattfinden muss. Denn die Amtszeit des von Syrien eingesetzten Emile Lahud geht zuende.

Hier gab es in den letzten Tagen erstmals Bewegung. Berri erklärte am Freitag, die Opposition verzichte auf ihre Forderung nach einer Stimmenmehrheit in einer Regierung der nationalen Einheit, wenn man sich auf einen Präsidentschaftskandidaten, der laut Verfassung ein maronitischer Christ sein muss, einigt. Ein Konsens ist nötig, da das Regierungslager zwar eine Mehrheit im Parlament hat, bei der Wahl aber auf die Opposition angewiesen ist. Nur, wenn zwei Drittel der Abgeordneten anwesend sind, kann über einen neuen Präsidenten abgestimmt werden. Dieser muss dann eine einfache Mehrheit der Abgeordneten hinter sich bringen. Die Außenminister Irans und Syriens hatten am Sonntag den Vorschlag Berris unterstützt und sich dafür ausgesprochen, dass die Libanesen „entsprechend ihrer Verfassung“ einen Präsidenten wählen, welcher „den Interessen, der Souveränität und Unabhängigkeit Libanons“ diene. Damit machten sie deutlich, dass sie Überlegungen aus dem Lager der Regierungsmehrheit, die Wahl notfalls auch abzuhalten, wenn nicht genug Abgeordnete anwesend sind.

Lahud hatte am Donnerstag die Debatte befeuert, indem er damit drohte, eine Parallelregierung zu bilden und den christlichen Armeechef zum Übergangspremier einzusetzen. Der Grund: Laut Verfassung gehen die Aufgaben des Präsidenten an den Premier über, falls es keine Einigung über ein neues Staatsoberhaupt gibt. „Wir nähern uns totaler Verfassungsanarchie, wenn jeder die Verfassung nach seinen Wünschen auslegt“, kommentierte der Rechtsprofessor an der libanesischen Universität, Sami Salhab, das Vorgehen.

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