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Politik: Lieber ins Grüne als in die Wahlkabine - die Wahlbeteiligung war gering

Vor der "Karl-Liebknecht-Oberschule" im Stadtteil Potsdam-West warten bereits zwei Dutzend Reporter, Fotografen, Fernsehteams, als der Regierungschef in Sichtweite kommt. Diesmal nicht allein: Manfred Stolpe und Ingrid Stolpe nutzen den Weg zum 500 Meter von ihrem Wohnhaus entfernten Wahllokal gleich als gemeinsamen Morgenspaziergang.

Vor der "Karl-Liebknecht-Oberschule" im Stadtteil Potsdam-West warten bereits zwei Dutzend Reporter, Fotografen, Fernsehteams, als der Regierungschef in Sichtweite kommt. Diesmal nicht allein: Manfred Stolpe und Ingrid Stolpe nutzen den Weg zum 500 Meter von ihrem Wohnhaus entfernten Wahllokal gleich als gemeinsamen Morgenspaziergang. Stolpe, im gleichen blauen Anzug wie auf den landesweit aufgestellten Großplakaten. Ganz in Gelb, in einem edlen Sommerkostüm die First Lady. Es ist 11.30 Uhr. Kaum im Wahllokal eingetroffen, erkundigt sich der Ministerpräsident sofort nach der Wahlbeteiligung: Es sind rund 30 Prozent. "Das ist ganz gut", sagte Stolpe. Aber er scheint zu ahnen, dass dies nichts bedeutet, dass in Potsdam - erst recht in dieser gutbürgerlichen Einfamilienhaus-Gegend - die Leute an Wahltagen schon immer disziplinierter waren als der landesweite Durchschnitt.

Stolpe wartet bei der improvisierten Pressekonferenz gar nicht erst die Fragen der Journalisten ab: "Sie werden wissen wollen, ob ich gut geschlafen habe. Ja, ich habe gut geschlafen. Sie werden wissen wollen, mit wem ich koaliere. Ich sagen Ihnen, dass man ohne eine Koalition besser arbeiten kann." Abgehakt, er will zum "Allerwichtigsten". Das ist noch ein allerletzter Appell an seine Landsleute, unbedingt wählen zu gehen. Und Stolpe greift dafür zu einer Begründung, die so klar nicht einmal in seinem umstrittenen Wahlbrief stand, in dem er die "rechten Rattenfänger" nur mit einem Satz erwähnte: Wenn DVU oder NPD in den Landtag einziehen, würde dies rechte Gewalttäter im Land "ermuntern", weil sie "eine politisch-moralische Basis" bekommen", so Stolpe. Vergebliche Warnungen? Schon bald bestätigen sich die ersten bösen Vorahnungen.

Um 14 Uhr liegt die Wahlbeteiligung in Potsdam bei nur 32 Prozent, bei der Bundestagswahl waren es da schon 45 Prozent. Damit bestätigen sich schon am Nachmittag die schlimmsten Befürchtungen der SPD-Wahlstrategen: "Damit ist die DVU wohl drin", sagt SPD-Landeschef Steffen Reiche lakonisch. Potsdams Stadtoberhaupt Matthias Platzeck hatte schon am Vormittag ein "ein ungutes Gefühl". Und CDU-Kreischef und Landtagskandidat Wieland Niekisch, der mit seiner Lebensgefährtin durch die Innenstadt radelt, hat mit Parteifreunden gewettet. Die DVU sah Niekisch bei sieben Prozent. Aber der Märker hat bei diesem Kaiserwetter mit Temperaturen um die 30 Grad anderes im Sinn. Selbst in Potsdam, wo die Beteiligung traditionell höher ist als im Land: Man fährt ins Grüne, grillt im Garten. Beim Tag der Offenen Tür auf dem künftigen Buga-Gelände herrscht reger Andrang. Ebenso beim Töpfermarkt im Holländischen Viertel. In der Szenekneipe "Mittelstraße 18", wo am Abend die Wahlparty der Grünen steigen soll, wird schnell ein Notstromaggregat installiert. Ein böses Omen? Der Kneipe, die offenbar pleite ist, war der Strom abgestellt worden. "Die Party findet trotzdem statt", sagt Inhaber Hans Gerisch.

Kurz nach 14 Uhr, eine Kita in Kleinmachnow. Hier wählt CDU-Herausforderer Jörg Schönbohm. Auch Schönbohm appelliert für die Stimmabgabe - wegen der DVU-Gefahr und um die "SPD-Alleinherrschaft" zu brechen. Vier Stunden vor Schließung der Wahllokale plagen ihn böse Ahnungen: "Unser Ergebnis wird stärker von der DVU beeinflusst als das anderer Parteien."

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