zum Hauptinhalt
Über Generationen hinweg. Wer Kinder erzieht, erhält einen Rentenbonus. Bisher kommen die Steuerzahler dafür komplett auf. Doch die Union will das ändern.

© Kitty Kleist-Heinrich

Linke Kasse, rechte Kasse: Union will Mütterrente ohne Steuergeld bezahlen

Die Erhöhung der Mütterrente soll nach der Vorstellung der Union ohne Steuergeld finanziert werden. Damit will sie die SPD beruhigen – aber Experten warnen vor einer Belastung der Beitragszahler.

Berlin - Erst hatten sie vor dem gewaltigen Ausgabenposten gewarnt, jetzt spielen sie ihn herunter. Für die Erhöhung der sogenannten Mütterrente, so beschwichtigen die Unions-Verhandler vor der Sondierung mit der SPD an diesem Montag, müsse man nun wirklich keine Steuern erhöhen. 6,5 Milliarden Euro kostet es zwar pro Jahr, wenn sich künftig, wie versprochen, für jedes vor 1992 geborene Kind die Rente des erziehenden Elternteils um einen Entgeltpunkt erhöht. Doch dieses Geld habe Vater Staat ja bereits. Er müsse dafür nur in die prall gefüllte Rentenkasse greifen.

Mittel für Mütterrente sollen aus Rentenkasse kommen

Die Mittel für die Finanzierung der Mütterrente seien vorhanden, verkündete die Chefin der Frauen-Union, Maria Böhmer, bereits im Sommer, um dem Finanzminister die Bedenken zu nehmen. „Die Rentenkasse ist gut gefüllt und bietet genügend Spielraum, um die Mütterrente zu verbessern.“ Und Unionsfraktionschef Volker Kauder sieht das, wie er mehrmals erklärte, genauso.

Tatsächlich bunkert die Rentenversicherung eine Rekord-Rücklage von mehr als 28 Milliarden Euro. Dies entspricht 1,58 Monatsausgaben – gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich eine Reserve von 0,2. Doch das heißt noch nicht, dass sich auf Jahre mit solchen Summen kalkulieren lässt. In Zeiten schwächeren Wachstums werden die Rücklagen schnell wieder zusammengeschrumpft sein. Und es heißt vor allem nicht, dass sich der Staat problemlos daraus bedienen kann. Schließlich handelt es sich um das Geld der Beitragszahler.

Experten halten Unions-Vorschlag für ungerecht

Bisher galt für die Honorierung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung eine eherne Regel: Die Versicherer bekommen diese Ausgaben aus Bundesmitteln komplett erstattet. Schließlich handelt es um eine versicherungsfremde, vom Staat gewollte und nicht über Beiträge gedeckte Leistung. Im vergangenen Jahr kostete dieser Posten den Steuerzahler so mehr als 11,6 Milliarden Euro.

Wenn die Mütterrente nun, wie von der Union gewollt, komplett aus dem Rententopf finanziert werden sollte, wäre das ein Verstoß gegen die bisherige Systematik. Entsprechend laut ist die Expertenkritik. „Der Kinderlastenausgleich ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die durch Steuern zu finanzieren ist“, sagte der Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, Franz Ruland, dem Tagesspiegel. Nur so gebe es einen gerechten Ausgleich zwischen Eltern und denen, die keine Kinder erziehen. Zwar sei das Bundesverfassungsgericht bisher großzügig mit der Frage umgegangen, was versicherungsfremde Leistung sei. Doch „ordnungspolitisch falsch“ sei eine Finanzierung der Mütterrente aus der Rentenkasse allemal.

Rentenbeiträge müssten möglicherweise erhöht werden

Auch der Freiburger Rentenexperte Bernd Raffelhüschen verlangt, die Aufstockung, wenn überhaupt, aus Steuern zu bezahlen. Allerdings nur bei ausgeglichenem Bundeshaushalt. Die Besserstellung älterer Mütter (oder Väter) über Schulden zu finanzieren, gehe gar nicht. Damit belaste man nur die Kinder.

Die Argumentation mit den prall gefüllten Rentenkassen sei „abenteuerlich“, sagt Ruland. Zusätzliche Leistungen seien daraus bestenfalls für ein paar Jahre zu finanzieren. Die „jetzt noch günstige Finanzlage der Rentenversicherung ist leider nur ein Zwischenhoch“. Aufgrund der demografischen Entwicklung werde der Beitragssatz auch ohne Mütterrente „bald wieder 20 Prozent erreichen“.

Ähnlich sieht es DGB-Vize Annelie Buntenbach, die im Vorstand der Rentenversicherung sitzt. Es sei nicht akzeptabel, Verbesserungen für ältere Mütter aus der Rentenkasse zu bezahlen, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. „Das würde dazu führen, dass der Rentenbeitrag schon im Jahr 2016 erhöht werden müsste und gleichzeitig die Spielräume für die notwendige Stabilisierung der Rente dahin wären.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false