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Schmale Erhöhung: Linke wirft Regierung Trickserei bei Hartz IV vor

Die Sozialexpertin der Linken Kipping hält die neuen Hartz-IV-Regelsätze für willkürlich berechnet. Mindestens 28 Euro mehr wären rechtens.

Berlin - Mit der von der Bundesregierung für Januar 2011 geplanten Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze um fünf Euro werden die Betroffenen nach Ansicht der Linken-Politikerin Katja Kipping um mindestens 28 Euro gebracht. Die Vorsitzende des Sozialausschusses stützt sich dabei auf neue Berechnungen des Statistischen Bundesamts, die von der Linken-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben wurden. „Das Ergebnis der minimalen Anpassung der Regelsätze war nur möglich durch Tricks und politisch gewollte Abschläge“, heißt es in einer Expertise, welche die Linken-Politikerin am Montag vorstellen will. Danach müsste der monatliche Regelsatz auf mindestens 392 Euro steigen.

Die Statistiker haben den Regelsatz auf Basis der unteren 20 Prozent der Einkommensbezieher neu berechnet. Diese Größe galt auch bislang als Maßstab, die Bundesregierung vergleicht künftig bei Ein-Personen-Haushalten nur mit den unteren 15 Prozent. Außerdem hat das Statistische Bundesamt erstmals die „verdeckt Armen“ herausgerechnet, deren Einkommen unter Hartz-IV-Niveau liegt und die dennoch keine Sozialtransfers beantragen. Das Bundesverfassungsgericht hatte gefordert, diese Gruppe bei der nächsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) möglichst nicht mehr in der Vergleichsgruppe zu berücksichtigen, da sonst Zirkelschlüsse zu befürchten sind.

Wenn die Bundesregierung darüber hinaus auf die „besonders willkürlichen Abschläge“ verzichtet hätte, müsste der Regelsatz um weitere 73 Euro auf 465 Euro steigen, rechnet Kipping vor. So wurden etwa die Ausgaben für Alkohol und Tabak, für Haustiere, Schnittblumen, Zimmerpflanzen, die Haftpflichtversicherung und chemische Reinigung gestrichen. Hinzu kommen Abschläge: So wurden etwa die Ausgaben für Essen außer Haus nur zu rund einem Viertel anerkannt – mit der Begründung, dass die auswärtige Ernährung nicht zum „physischen Existenzminimum“ zähle. Nach Ansicht von Kippung verstößt das jedoch gegen die Intention der Karlsruher Richter, die in ihrem Urteil darauf abgestellt hatten, dass „der Mensch als Person notwendig in sozialen Bezügen existiert“.

Die Linken-Sozialexpertin regt außerdem einen „Bedarfs-TÜV“ an: So solle bei einzelnen Positionen geprüft werden, inwieweit die statistisch ermittelten Ausgaben tatsächlich dem Bedarf entsprechen. Kipping verweist darauf, dass im Regelsatz für einen Erwachsenen 18,41 Euro für den öffentlichen Nahverkehr vorgesehen seien. Doch nur in der nordrhein-westfälischen Stadt Düren habe es 2009 ein Sozialticket zum Preis von 15 Euro gegeben, während man in Köln 28,40 Euro und in Berlin 33,50 Euro zahlen musste. Und mit den Bildungsausgaben in Höhe von 1,39 Euro sei noch nicht einmal ein Volkshochschulkurs pro Jahr bezahlbar.

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