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Linkspartei: Gysi-Berater wollen SPD und Grüne als Partner

Die Linkspartei zeigt sich zunehmend genervt, dass SPD und Grüne in einer Art "privilegierter Partnerschaft" die Meinungsführung in der Opposition beanspruchen. Auf der Herbstklausur der Bundestagsfraktion soll eine neue Strategie diskutiert werden.

Von Matthias Meisner

Berlin - Vor der dreitägigen Herbstklausur der Bundestagsfraktion, die an diesem Mittwoch in Bad Saarow beginnt, haben jetzt mit Planungsfragen befasste Mitarbeiter der Bundestagsfraktion und der Parteizentrale ein Thesenpapier vorgelegt, das die Diskussion über neue gesellschaftliche Mehrheiten im Land vorantreiben soll. Auftraggeber der Vorlage ist Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, unter den sechs Autoren ist auch Horst Kahrs, Leiter des Bereichs Strategie und Politik im Karl-Liebknecht-Haus. Prominentester Gast der Tagung sollte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sein, der aber kurzfristig absagte.

In dem 15-seitigen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, stellt der Gysi-Beraterkreis fest, dass es bisher „keine politische Basis für eine strategische Kooperation“ mit SPD und Grünen gebe. Die Entwicklung der anderen Parteien sei „hochgradig unsicher“, die SPD etwa könnte ihren Spaltungs- und Ausgrenzungskurs gegenüber der Linken fortführen, partiell taktisch kooperieren oder doch Optionen für Rot-Rot-Grün im Bund ausloten. Die Linke aber sollte in jedem Fall bereit sein, kooperativ zu handeln, Mehrheiten zu schaffen. „Wer dazu nicht bereit und fähig ist, wird bei Wahlen abgestraft, sei es durch mangelnde Wahlbeteiligung oder durch Bevorzugung von fähigeren und willigeren Akteuren.“

Insgesamt spricht aus dem Papier anhaltende Verunsicherung der Linkspartei über die eigene Lage – nicht nur wegen der wochenlangen Debatten um Parteichef Klaus Ernst, seine Extrabezüge und Reiseabrechnungen. Zwar sei die Existenz der Partei „nicht länger gefährdet“, andererseits aber auch mit Blick auf 2013 „keine wirklich realistische Machtoption vorhanden“. Die jetzt gefragte Fähigkeit zur „Krisenbewältigung“ werde der Linken „nicht besonders stark zugeschrieben“. Beim Thema „soziale Gerechtigkeit“ als Markenzeichen der Linken war das noch anders. Weiter heißt es, nur ausnahmsweise gelinge es, „politische Themen selbst zu setzen und ins Zentrum öffentlicher Diskussion zu rücken“.

Anders als bis zur Bundestagswahl 2009 sei die Linke so „zu einer Oppositionsparteien unter anderen Oppositionsparteien“ geworden, SPD und Grüne könnten von ihr „nicht mehr ohne weiteres als neoliberal bezeichnet werden“, die Linke verliere ihre Alleinstellung. Die Partei werde sich auch immer weniger auf die Kritik an der falschen SPD-Politik in der Vergangenheit stützen können. „Gefragt sind eigene zukunftsweisende Vorschläge“ sowie „offensive Angebote an SPD und Grüne zur Zusammenarbeit im Parlament“. Alle bisherigen Vorstöße in dieser Richtung seien „eher taktischer Natur“, also begrenzt hilfreich gewesen.

Derweil wurde Parteichef Ernst von einem Vorwurf entlastet – wegen der Abrechnung von Autofahrten bei der Parteizentrale, über die im August der „Spiegel“ berichtet hatte. Ermittlungen nach einer anonymen Anzeige in dieser Sache stellte die Staatsanwaltschaft Berlin ein, wie ihr Sprecher Martin Steltner sagte. Es bestehe kein hinreichender Verdacht auf eine Straftat. Weiterhin laufen aber Ermittlungen gegen Ernst wegen seiner umstrittenen Reiseabrechnungen beim Bundestag.

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