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Bockige Parteigenossen: Gregor Gysi dringt mit seinem Vorschlag, der linksradikalen "Jungen Welt" keine Anzeigen mehr zukommen zu lassen, wohl nicht durch.

© dapd

Anzeigenstopp für Junge Welt: Linkspartei: Gysi droht Niederlage

Sie bejubelten den Mauerbau und sollen deshalb keine Anzeigen von der Linken mehr bekommen. Das will Gregor Gysi. Doch die Linkspartei folgt ihm wohl nicht.

Von Matthias Meisner

Im Streit um eine Zusammenarbeit mit der linksradikalen Zeitung „Junge Welt“ droht Linksfraktionschef Gregor Gysi eine Abstimmungsniederlage. Für 28 Jahre Mauer hatte sich das Blatt in seiner Ausgabe vom 13. August bedankt. Doch anders als Gysi es fordert, will eine große Anzahl der linken Abgeordneten im Bundestag einen Anzeigenboykott nicht akzeptieren. Das wurde am Wochenende auf der Klausurtagung der Fraktion in Rostock deutlich.

30 der 76 Abgeordneten unterzeichneten bisher einen Aufruf gegen einen Anzeigenboykott. In ihm wird das das Titelblatt der „Jungen Welt“ vom 13. August zwar als „unhistorisch, unpassend und geschmacklos“ kritisiert. Andererseits aber heißt es, es wäre „völlig inakzeptabel, als Konsequenz die Anzeigenschaltung und Zusammenarbeit mit der ,Jungen Welt' einzustellen“.

Die Abgeordneten, die überwiegend dem linken Parteiflügel zuzurechnen sind, argumentieren, die „Junge Welt“ sei ein „wichtiger Bestandteil einer insgesamt nicht sehr großen linken Medienlandschaft“. Es wäre „geradezu absurd“, wenn die Linksfraktion darauf verzichten wolle, über diese Zeitung Menschen zu erreichen, die den Positionen der Linken aufgeschlossen gegenüber stünden. Auch bei anderen Zeitungen würden Anzeigen geschaltet, obwohl man sich nicht mit ihren Inhalten identifiziere, etwa bei der „taz“ mit „ihrer kriegsbefürwortenden Berichterstattung“.

Vizeparteichefin Sahra Wagenknecht als eine der Antragstellerinnen argumentiert, Anzeigenschaltungen sollten grundsätzlich nicht an die Forderung nach bestimmten inhaltlichen Positionen geknüpft werden. „Deshalb sollte man auch im Fall der ,Jungen Welt’ nicht das tun, was man in anderen Fällen kritisiert“, sagte sie dem Tagesspiegel. Auf der Klausur wurde das Thema vertagt – entschieden werden soll nach den Landtagswahlen.

Mit Hinweis auf die breite Unterstützung für die Initiative erklärte die NRW-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen aber bereits: „Wir sind am Ziel.“ Aus dem Umfeld von Gysi hieß es, möglicherweise sei dessen klare Festlegung „voreilig“ gewesen. Gysi hatte erklärt, er habe mit der „Jungen Welt“ schon lange nichts mehr am Hut. Nach dem Mauer-Titelblatt sei eine materielle Unterstützung der Zeitung nicht mehr vertretbar.

Auch für die Partei ist die Sache noch offen. Das Thema „Junge Welt“ steht an diesem Montag auf der Tagesordnung des Parteivorstandes. Parteichefin Gesine Lötzsch hatte sich gegen einen Vorstandsbeschluss ausgesprochen. Bundesgeschäftsführerin Caren Lay sagte dem Tagesspiegel: „Ich will weiter an der Praxis festhalten, dass die ,Junge Welt’ von uns keine Anzeigen erhält. Spätestens nach dem Mauer-Titel gehört es sich für eine demokratische Linke nicht, diese Zeitung finanziell zu unterstützen.“

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