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Politik: Litauen in der Nato: Wandel durch Handeln

"Gegenüber Polen, Tschechien und Ungarn haben wir einen Vorteil", sagt Giedrius Cekuolis (42). Mit "Wir" meint der litauische Vize-Außenminister sein Land sowie Lettland und Estland.

"Gegenüber Polen, Tschechien und Ungarn haben wir einen Vorteil", sagt Giedrius Cekuolis (42). Mit "Wir" meint der litauische Vize-Außenminister sein Land sowie Lettland und Estland. Den Vorteil zu den drei neuen Nato-Mitgliedern sieht er angesichts der nach 2002 erhofften Aufnahme Litauens in das Verteidigungsbündnis darin, dass die Balten mit dem Aufbau ihrer Armeen nach der Unabhängigkeit 1991 "bei Null angefangen" haben. Cekuolis: "So müssen wir nicht mit dem Erbe der kommunistischen Militärstrukturen kämpfen".

Der litauische "Mr. Nato", in den letzten Jahren der Sowjetbesatzung Jazzmusiker, Uni-Dozent für Spanisch, dann Diplomat und heute Chefunterhändler Wilnas mit der Allianz, gibt sich zuversichtlich. Die Führungskräfte der litauischen Armee (11 000 Mann) seien im Westen ausgebildet, ihre mit Hilfe Deutschlands und anderer westlicher Partnerstaaten aufgebaute Ausrüstungsgrundlage entspreche schon jetzt weitgehend den Nato-Standards, so Cekuolis. Auch das stets gerne zitierte Haupthindernis der Nato-Integration des Baltikums, den verbal harschen Widerstand Moskaus, sieht er gelassen. Da die Allianz für Russland offiziell kein Feind mehr ist, werde sich allmählich "auch die Mentalität ändern". Dass Präsident Putin gegenüber seinem litauischen Amtskollegen Adamkus in der vorigen Woche indirekt das Recht auf freie Bündniswahl eingeräumt hatte, sei ein gutes Zeichen. Der Transit zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und dem Mutterland über Litauen werde auch nach dem Nato-Beitritt etwa mit den einstigen Verbindungen West-Berlins und der alten Bundesrepublik "durch Feindesland" nicht vergleichbar sein. Der Wandel im Denken sei schon da: Wenn heute 52 Prozent der Litauer den Nato-Beitritt befürworteten, dann sei "die russische Gefahr" für nur noch 23 Prozent die Begründung; für die anderen seien es "Stabilität, Prosperität und sicheres Investitionsklima". Und unter der russischen Minderheit, die acht Prozent der Bevölkerung ausmacht, seien die Nato-Gegner von einst fast 100 auf 42 Prozent gesunken.

Alexander Loesch

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