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Politik: „Lobbyisten unterwandern Parlamente“

Politologe Leif über Parteien und Zweitjobs

Herr Leif, die Forderung nach mehr Transparenz in den Parlamenten wird lauter. Wie umfassend sollten Abgeordnete über ihre Nebentätigkeiten informieren?

Alle Abgeordneten sollten künftig verpflichtet werden, die Art ihrer Nebentätigkeiten und ihre kompletten Jahreseinkünfte zu veröffentlichen.

Dagegen wehren sich Anwälte und Unternehmer – auch aus rechtlichen Gründen.

Wenn es Probleme bei den so genannten Vertrauensberufen gibt, könnte ein unabhängiges Gremium von akzeptierten Fachleuten eingerichtet werden. Dieses Kontrollgremium nimmt die Angaben dann notariell entgegen – und nicht mehr das Bundestagspräsidium.

Anwälte und Mittelständler fürchten, dass sie dann einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz haben.

Das ist eine unzulässige Entschuldigung. Es müssten ja nur die persönlichen Einkommen veröffentlicht werden, nicht der gesamte Gewinn eines Betriebs. Die Gefahr liegt in der Entpolitisierung der Parlamente. Die Abgeordneten mit Kontakten in die Wirtschaft gelten etwas, die anderen sind Hinterbänkler. Auch deshalb streben viele solche Beziehungen an. Mit dem Ergebnis, dass Lobbyisten das Parlament von innen und von außen unterwandern.

Wie groß sollte der Anteil der Nebentätigkeiten sein?

Das Amt als Abgeordneter ist in der Verfassung als Fulltime-Job angelegt, der 70 Wochenstunden und mehr beansprucht. Auch die Diäten entsprechen dem Salär leitender Angestellter. Nebentätigkeiten sollten die absolute Ausnahme sein.

Bekommen wir dann nicht ein Parlament der Beamten?

Das ist ein vorgeschobenes Argument. Die Parteien haben es selbst in der Hand, ihr Personal gezielt auszuwählen. Zum Beispiel in den Wahlkreisen. Das gehört zu den Führungsaufgaben. Bei der Festlegung einer Frauenquote oder sicherer Listenplätze passiert ja auch nichts anderes.

Brauchen wir eine Quote für Unternehmer in den Parlamenten?

Alle reden von Unternehmern, aber es gibt nicht zu wenig ökonomischen Sachverstand. Die Abgeordneten werden von Beratern, Lobbyisten und Instituten umringt. Es sind die Niedrigverdiener , die unterrepräsentiert sind. Die Gewerkschaften und die SPD haben diese Gruppen aus dem Blick verloren.

Sind die Diäten zu niedrig?

Nein. Die Tätigkeit ist nicht schlecht bezahlt – im Gegenteil. Es ist die Ineffizienz des parlamentarischen Betriebs, die viele von politischen Mandaten abhält. Es ist völlig aus dem Blick geraten, dass es eine Ehre sein sollte, Abgeordneter zu sein.

Das Interview führte Henrik Mortsiefer

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