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Politik: „Loyalität ist keine Einbahnstraße“

Stefan Grüll, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion in NRW, stellt sich gegen seinen früheren Förderer Möllemann

Warum glauben Sie nicht mehr daran, dass Möllemann und Westerwelle an führender Position in der FDP zusammenarbeiten können?

Die Chaos-Tage in der FDP müssen beendet werden. Bisher habe ich mich gemeinsam mit Freunden aus Partei und Fraktion darauf konzentriert, jenseits der Öffentlichkeit nach Lösungen zu suchen, um der Partei die dramatische Zerreißprobe zu ersparen. Nachdem bisher alle Versuche gescheitert sind, eine Kollision der beiden ungebremst aufeinander zufahrenden Züge zu verhindern, muss man Konsequenzen ziehen.

Und da wenden Sie sich gegen Möllemann?

Ja. Der Antisemitismus-Streit im Frühsommer hat die Partei tief verletzt. Die Wiederbelebung durch den inakzeptablen Flyer wenige Tage vor der Wahl verlangt eine eindeutige Antwort. Die liberalen Grundkoordinaten wie Toleranz und Weltoffenheit sind unvereinbar mit einem Werbemittel, das Ressentiments anspricht. Ich setze auf einen Politikstil, der unsere unverrückbaren liberalen Werte nicht in Frage stellt.

Nach Jahren enger politischer Zusammenarbeit stellen Sie sich nun gegen Ihren Förderer Möllemann. Ist das nicht illoyal, zumal Sie sein Stellvertreter in der Fraktion sind?

In der Tat habe ich , wie die FDP insgesamt, Möllemann viel zu verdanken und natürlich habe ich mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber Loyalität ist keine Einbahnstraße. Nach der Karsli-Affäre und dem Streit mit dem Zentralrat der Juden habe ich mir fest vorgenommen, nicht noch einmal in eine Situation zu kommen, in der die FDP dem Verdacht ausgesetzt ist, im Trüben zu fischen. Hierfür lasse ich mich nicht in die politische Haftung nehmen. Im Übrigen wird die Fraktion bei den Vorstandswahlen meine Entscheidung bewerten können.

Es gibt Stimmen, die behaupten, Möllemann würde nach einer Niederlage eine neue Partei gründen. Was halten Sie davon?

Möllemann hat beim Spiel auf der medialen Klaviatur in der letzten Zeit liberale Dissonanzen produziert, die die Partei nicht hinnehmen kann. Ihm Weitergehendes zu unterstellen, mache ich nicht mit.

Es gibt Zweifel am liberalen Kurs der FDP. Wie wollen Sie liberale Elemente wieder beleben?

Wir sind immer dafür eingetreten, dass der Staat die Freiheit der Bürger achtet, denken Sie an unsere Initiative, den Verfassungsschutz stärker politisch zu kontrollieren. Das ist für mich ein zentrales Feld liberaler Identität, und wir haben auch in der jüngeren Generation genügend Persönlichkeiten, die Menschen damit erreichen und Wahlen gewinnen können.

Das Gespräch führte Jürgen Zurheide.

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