zum Hauptinhalt

Luftabwehrübungen: Iranische Manöver mit großer Reichweite

Die iranische Luftabwehr hat am Sonntag fünftägige Manöver unter dem Titel „Schutz von Himmel und Erde“ begonnen. Es sind die bisher mit Abstand größten in der über dreißigjährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Ihr Ziel, so hieß es in Teheran, sei der Schutz von Anlagen der iranischen Atomindustrie vor zwei Feinden. Gemeint waren damit die USA und vor allem Israel, mit dessen Luftangriffen Teheran bereits seit Wochen rechnet.

Gegen Ende der Manöver will die iranische Armee daher auch die Abwehr eines israelischen Luftangriffs üben. Während der letzten von insgesamt drei Manöveretappen sollen regelrechte Luftkämpfe geübt und Luftabwehrraketen gezündet werden, darunter auch die neuestes Modell der Serien Schihab (Sternschnuppe) und Kadar. Sie sollen laut russischen Experten Reichweiten von bis zu 2000 Kilometer haben und wären in der Lage, Ziele in Israel anzugreifen.

Einschlägige Befürchtungen Tel Avivs bekamen am Sonntag neue Nahrung, als Ahmad Mikani, dem die Luftabwehr des Wächterkorps der Islamischen Revolution untersteht, sich beim iranischen Staatsfernsehen über die Größe des durch die Raketen erreichbaren Geländes ausließ: mehr als eine halbe Million Quadratkilometer.

Die Übung, so versuchte der Brigadegeneral die internationale Öffentlichkeit in einem Interview für den englischsprachigen iranischen Fernsehsender Press-TV zu beruhigen, sei bereits im letzten Jahr und damit vor der akuten Verschärfung der Spannungen im Verhältnis Irans zum Westen geplant gewesen. Gleichzeitig übte der General scharfe Kritik an Russland, das die Lieferung modernster Raketenabwehrsysteme des Typs S-300 verweigert. Einschlägige Abkommen waren zwar bereits 2005 unterzeichnet worden, auf Drängen Israels hat Moskau jedoch bereits mehrfach Ausflüchte für die Nichterfüllung des Vertrags gefunden. Zuletzt im September, als Präsident Dmitri Medwedew auch seine Bereitschaft signalisierte, den vom Westen geforderten schärferen UN-Sanktionen gegen Teheran zuzustimmen. Dabei hatte der Kremlherrscher allerdings durchblicken lassen, dass Russland dafür mehr Rücksicht auf seine Interessen bei den Abrüstungsverhandlungen mit den USA erwartet.

Teheran fühlte sich vorgeführt und wieder einmal nur als bloßes Objekt im Interessenkonflikt der Großmächte. Daher hält die Regierung nach Alternativen für den „wortbrüchigen“ strategischen Partner Russland Ausschau Dabei, fürchten Experten wie Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Zeitschrift „Russland in der Weltpolitik“ , die Türkei könnte das Rennen machen und längerfristig sogar Russlands Platz bei den Verhandlungen der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder – China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA – und Deutschlands mit Iran über dessen Kernforschungsprogramm einnehmen.

Einschlägige Ängste sind durchaus berechtigt. Seit Jahrhunderten Erzrivale Russlands in der Schwarzmeerregion, im Kaukasus und in Zentralasien, hat die moderne Türkei auch ihr lange gespanntes Verhältnis zu Iran normalisiert. Nichtsdestotrotz hat Ankara auch gute Beziehungen zu Israel. Was die gemäßigten Islamisten um Premier Recep Tayyip Erdogan nicht hindert, die Iran-Politik Tel Avivs und Washingtons kritisch zu begleiten. Das kam in Teheran gut an. Ebenso Ankaras Angebot, iranisches Uran in türkischen Anlagen anreichern zu lassen. Eine Antwort Teherans steht allerdings noch aus. Sollte sie positiv ausfallen, dürften Moskaus Felle in Iran davonschwimmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false