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Er erklärt's auf allen Kanälen. Justizminister Heiko Maas (SPD) legt Wert auf effektive Öffentlichkeitsarbeit.

© dpa

Die Verfassung und ihr Personal: Maas macht die Stimmung, vor der er warnt

Der Justizminister meldet sich bei allem zu Wort, kämpft und polarisiert - der Ausgleich, für den er zuständig wäre, misslingt ihm. Ein Kommentar.

Kaum eine Debatte in den letzten Tagen, an der der Justizminister nicht maßgeblich beteiligt war. Wohnungseinbrüche? Maas fordert härtere Strafen. Gewalt gegen Polizisten? Maas will schärfere Gesetze. Der Verfassungsschutz beobachtet die „Reichsbürger“? Maas ruft nach einer Regelanfrage für Waffenschein-Erwerber. Der Bundespräsident ist gegen mehr Volksentscheide? Maas ist dafür. Ein Meldungs-Stakkato, aus dem seine Reaktion auf die Sponsoring-Affäre um die SPD-„Vorwärts“-Gespräche hervorsticht. Da steht er selbst unter Erklärungsdruck, aber statt Antworten zu geben, verlangt er mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung und bestimmt damit schon wieder die Nachrichten.

Chuzpe, so heißt höflich verkleidet, was in Wahrheit Frechheit ist. Heiko Maas kann sie sich offenbar leisten, er hat einen wichtigen Verbündeten. Mit einigem Erfolg hat er sein etatmäßig eher beschränktes Ressort zum Imperium des Gewissens ausgebaut. Von hier aus kämpft er mit den ihm zu Gebote stehenden politischen Mitteln gegen die bösen Mächte, allen voran Facebook-Hass und jenes Dunkeldeutschland aus AfD und Pegida. Die Ministeriumspflichten werden erfüllt, doch wichtiger ist die Kür mit ihrer Botschaft: Es gibt sie noch, die Guten.

Immerhin eine Haltung. Nur läuft ein Politiker damit Gefahr, Probleme zu verschärfen, die er vorgeblich aufzulösen trachtet. Im Falle Maas dürfte es die Tendenz politischer Debatten sein, zunehmend polarisiert und populistisch geführt zu werden. Statt Ausgleich gibt es bei ihm Konfrontation. Um Correctness-Vorwürfen zu entgehen, auch mal gegen den Islam, etwa in der Diskussion um das sensible Thema Minderjährigenehen. Stimmung machen und vor Stimmungsmache warnen – der einzige ausdauernd jugendlich wirkende Minister im Kabinett Merkel III beherrscht beides. Dass er daneben verlässlich umfallen kann, wenn es nötig wird, etwa im Streit um die Vorratsdaten, empfiehlt ihn auch für künftige Regierungsaufgaben.

Oder er stellt sich vorher selbst ein Bein. Geschafft hat er das schon, als er in der Affäre um den angeblichen Landesverrat von Polit-Bloggern den Generalbundesanwalt zu seinem Büttel machte. Weniger Gewaltenteilung war selten in der Bundesrepublik, was im Jubel über den vermeintlichen Sieg der Pressefreiheit allerdings zunächst unterging. Heute ist klar, wie angreifbar sich Maas damals machte. Profis darf das nicht passieren.

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