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Machtkampf: Irans geistliches Oberhaupt droht der Opposition

Ajatollah Ali Chamenei hat auf das Recht seines Landes gepocht, Uran anreichern zu dürfen. Im innenpolitischen Teil seines Freitagsgebets griff er die Opposition an.

Der Iran müsse in der Nuklear-Frage standhaft bleiben, sagte der oberste Religionsführer in seiner Freitagspredigt in Teheran. Auf seine Rechte zu verzichten – seien es nukleare oder andere –, bedeute den „Niedergang der Islamischen Republik“. Der Iran habe keine Angst vor den westlichen Nationen. „Mehr als 200 Jahre schon gibt es dieses heimtückische Verhalten der amerikanischen und britischen Regierungen gegenüber dem Iran. Also, was soll es. Sie können uns nicht mehr einschüchtern“, rief Chamenei aus, während seine Anhänger mit Sprechchören „Tod Amerika“ und „Tod Israel“ antworteten.

Am Mittwoch hatte der Iran den fünf ständigen Vertretern im UN-Weltsicherheitsrat plus Deutschland ein fünfseitiges Schreiben mit neuen Vorschlägen übergeben. Wie aus dem Text hervorgeht, den die Internetredaktion „ProPublica“ als gescanntes Dokument ins Netz stellte, beschränkt sich Teheran allerdings auf allgemeine Vorschläge zum Weltgeschehen, ohne mit einem Wort auf die eigene Urananreicherung einzugehen.

Stattdessen schlägt die Islamische Republik in der Atompolitik vor, „reale und fundamentale Programme hin zu einer kompletten Abrüstung in Gang zu setzen“ sowie „die Entwicklung und Verbreitung von nuklearen, chemischen und biologischen Waffen“ zu verhindern. Der Iran äußere seine Bereitschaft, in umfassende, alles einschließende und konstruktive Verhandlungen einzutreten, hieß es. Man wolle eine neue Phase bei den Verhandlungen anstreben, „für eine langfristige Kooperation im Blick auf einen dauerhaften Frieden in der Region und in der Welt“. Für die künftige Kooperation zählt das Dokument drei Hauptbereiche auf: politische Sicherheitsfragen, internationale und wirtschaftliche Fragen.

Washington, aber auch die europäischen Regierungen zeigten sich in einer ersten Reaktion enttäuscht. Aus dem US-Außenministerium hieß es, „der Iran geht nicht wirklich ein auf unsere größte Sorge, nämlich sein Nuklearprogramm“. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana ließ erklären, Irans Vorschlag beantworte nicht die Schlüsselfragen zu seinem Atomprogramm. „Das Dokument konzentriert sich mehr auf globale als auf nukleare Fragen“, sagte seine Sprecherin. Diplomaten der sechs Staaten wollten sich am Freitag durch eine Konferenzschaltung auf eine erste Einschätzung verständigen. Russlands Außenminister Sergei Lawrow gab bereits im Vorfeld zu erkennen, dass Moskau sich nicht an Benzin-Saktionen gegen Teheran beteiligen wird.

Im innenpolitischen Teil seiner Freitagspredigt drohte der oberste Religionsführer der Opposition erneut mit scharfen Worten. „Wer gegen die Islamische Republik das Schwert zieht“, müsse mit einer harten Antwort rechnen, sagte er. „Wenn Gruppen der Opposition mit ihren Ideen die Sicherheit des Staates gefährden und die islamischen Prinzipien infrage stellen“, werde man ihnen mit Macht entgegentreten. Die Politik der Regierung sei darauf aus, so viele Menschen wie möglich einzubinden und möglichst wenige auszuschließen. Auch könne keine Rede davon sein, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Regierung verloren habe: „Wenn sich 40 Millionen Menschen an den Wahlen beteiligen, heißt das, sie haben Vertrauen.“ Die Predigt war Chameneis zweiter Auftritt beim Freitagsgebet nach der umstrittenen Präsidentenwahl am 12. Juni. Vorne im Auditorium saßen neben Präsident Mahmud Ahmadinedschad auch Parlamentssprecher Ali Laridschani und sein Bruder Sadeqh Laridschani, der vor kurzem ernannte neue Chef der Justiz.

Nächsten Freitag, wenn die Islamische Republik den Jerusalemtag feiert, soll wieder Ex-Präsident Hashemi Rafsanschani sprechen, unter den fünf Teheraner Freitagspredigern der einzige, der die Anliegen der Opposition unterstützt. Die beiden Oppositionsführer Mir-Hossein Mussawi und Mehdi Karubi haben ihre Anhänger bereits aufgefordert, in großer Zahl an den staatlichen Aufmärschen zum Jerusalemtag teilzunehmen. Daraufhin ließ das Regime die beiden engsten Mitarbeiter der beiden Reformer verhaften und das Privatbüro Karubis im Norden Teherans versiegeln. Mussawi sprach davon, die nächsten Tage würden „sehr gefährlich“. Er rief seine Anhänger auf, sich nicht provozieren zu lassen. Derweil forderte Ajatollah Ali Chamenei die Bevölkerung auf, am Jerusalemtag auf die Straße zu gehen und ihre Solidarität mit den Palästinensern zu zeigen. Er warnte allerdings, „einige Leute könnten an diesem Tag Zwietracht sähen“.

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