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Machtkampf: Pakistan: Richter machen Politik

Als wären Taliban-Terror, Bomben und Wirtschaftskrise nicht genug: Nun droht Pakistan auch noch eine Kraftprobe zwischen Präsident Asif Ali Zardari und Oppositionschef Nawaz Sharif, die das Zeug hat, den Atomstaat zu paralysieren.

Neu-Delhi -  Im Punjab brachen am Donnerstag Tumulte aus. Wütende Sharif-Anhänger blockierten Straßen und skandierten Slogans gegen Zardari. Soldaten wurden ausgesandt. Grund für die Proteste ist ein Urteil des obersten Gerichtshofs, das Sharif und seinen Bruder Shahbaz am Vortag von Wahlen ausgeschlossen und für Wahlämter disqualifiziert hatte.

Sharif wähnt Zardari hinter dem politischen Bannstrahl der Richter. Er wirft ihm vor, sich die Kontrolle über den Punjab, die wichtigste Provinz und das Machtzentrum Pakistans, sichern zu wollen. Dort ist die Muslim-Liga PML-N von Sharif stärkste Partei und war sein Bruder Shahbaz bisher Regierungschef. Als Folge des Urteils musste Shahbaz den Hut nehmen. Zardari setzte Gouverneur Salman Taseer, einen Parteigenossen, als Übergangsverwalter ein. Dieser verbot umgehend eine Protestsitzung des Provinzparlaments, die Abgeordneten kamen im Treppenhaus zusammen.

Nur ein Jahr nach der Rückkehr zur Demokratie droht Pakistan damit eine Zerreißprobe. Sharif hat eine Trumpfkarte im Ärmel: das Volk. „Die Menschen müssen sich gegen das Urteil erheben, um Pakistan zu retten“, sagte er. Sharif ist mit Abstand der populärste Politiker Pakistans, während Zardari im Volk als „Schoßhund“ der USA verschrien ist. Nach einer Umfrage des International Republican Institute in Washington möchten 59 Prozent Sharif als Präsidenten, nur 19 Prozent dagegen Zardari.

Sharifs Verdacht, dass das Urteil politisch motiviert ist, scheint nicht ganz aus der Luft gegriffen. Der frühere Militärherrscher Pervez Musharraf hatte im November 2007 die unabhängigen Verfassungsrichter um Iftikhar Chaudhry abgesetzt und durch willfährige Juristen ersetzt. Seit den Wahlen hält Zardari seine schützende Hand über die von Musharraf beförderten Richter. Von Sharif müssen sie dagegen Ungemach fürchten. Er unterstützt die Anwaltsbewegung, die darauf dringt, Chaudhry wieder einzusetzen. In Pakistan hat es zudem Tradition, Verfahren gegen Widersacher anzustrengen, um sie politisch kaltzustellen.

Erst im Februar 2008 war Pakistan nach acht Jahren Militärherrschaft zur Demokratie zurückgekehrt. Damals hatten die Menschen gehofft, dass die beiden Parteien gemeinsam Taliban und Armut bekämpfen. Doch inzwischen sind viele ernüchtert. Auch US-Präsident Barack Obama, der nach einer Strategie für die Krisenländer Afghanistan und Pakistan sucht, dürfte dies Kopfschmerzen bereiten. Und mit Zardari stützen sich die USA auf einen Verbündeten, der wenig Rückhalt im Volk hat.

Christine Möllhoff

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