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Politik: Machtlos

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Unter den mancherlei Problemen der Demokratie ist die symbolische Repräsentation ihrer selbst eins der größeren. Man sieht das im Moment am Kanzleramt – dazu später.

Von Robert Birnbaum

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Unter den mancherlei Problemen der Demokratie ist die symbolische Repräsentation ihrer selbst eins der größeren. Man sieht das im Moment am Kanzleramt – dazu später. Das Problem erschließt sich am einfachsten durch den Vergleich mit früheren Zeiten. Vom Neandertal bis zum ausgehenden Mittelalter war Herrschaft eine simpel wahrnehmbare Angelegenheit, weil identisch mit der Person des Herrschers. Der Hordenchef, der Clanhäuptling, der Kaiser herrschten durch Richterspruch, Kriegszug sowie (wohlweislich gepanzerte) Steuereintreiber.

Danach wurde die Sache komplizierter, weil abstrakter. Repräsentative Demokratie ist vollends unanschaulich. Sicher, der Bürger kann busseweise den Reichstag besuchen und von der Tribüne hinabschauen, wie sein örtlicher Abgeordneter leeren Reihen über die Notwendigkeit einer Reform der Kanal- und Binnenschifffahrt predigt. Aber ihn wird ein dumpfes Ahnen befallen, dass das, was er da sieht und hört, gerade nicht das ist, was eigentlich läuft. Die Macht und die Entscheidungen sind woanders.

Aber wo? Im Kanzleramt? Der Bürger, er wird sich dieses Wochenende wieder einmal dort umsehen können, und er wird es scharenweise tun. Beim Peter Struck im Hof kann er Hubschrauber angucken und Panzer anfassen, und dann kann er sich wenigstens vorstellen, was so ein Verteidigungsminister in Bewegung setzen kann. Aber beim Kanzler? Büros. Leere Büros mit leeren Schreibtischen. Schautafeln. Staatsbürgerkundeunterricht. Nützlich, um unser Gedächtnis aufzufrischen. Und doch ist die Offene Tür genau so ein Irrtum wie die Besuchertribüne. Das wahre Symbol modernen Regierens ist die geschlossene Tür.

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