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Mahmut Özdemir.

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Politik: MAHMUT ÖZDEMIR, SPD

Ein persönliches Gespräch wäre schöner gewesen, sagt Mahmut Özdemir. Weil man dann offener spricht.

Ein persönliches Gespräch wäre schöner gewesen, sagt Mahmut Özdemir. Weil man dann offener spricht. Jedoch fällt am Telefon besonders auf, wie einer seine Worte wählt. Und Özdemir tut das druckreif: Von „Vertrauen“ spricht er, das er „zurückgewinnen“ will, von „Wählerwanderungen“, vom „Politikwechsel“, den man „mit dem Auszug der FDP aus dem Bundestag zu 50 Prozent bereits erreicht“ habe. Das klingt mehr nach Talkshowveteran und weniger nach einem 26-Jährigen, der zum ersten Mal in den Bundestag einzieht und dort auch noch jüngster Abgeordneter ist.

Aber Özdemir ist Veteran. Mit 14 Jahren schon hatten ihn die Jusos im Duisburger Stadtteil Homberg 2002 zum bundesweit jüngsten Vorsitzenden gewählt. Auf einem Foto von damals grinst der junge Mahmut mit Igelfrisur, Krawatte und zu weitem Anzug in die Kamera, in der Hand ein Porträt von Gerhard Schröder. Jetzt hat er den Wahlkreis direkt gewonnen, als Nachfolger des langjährigen SPD-Abgeordneten Johannes Pflug. Vorher hat er sich in der eigenen Partei gegen sechs Mitbewerber durchgesetzt.

Mahmut Özdemir hat Jura studiert, im Landtag als Rechtsreferendar gearbeitet, die Prüfungen für das zweite Staatsexamen hat er wegen des Wahlkampfes unterbrochen. Seine Eltern sind vor einem Vierteljahrhundert aus der Türkei nach Deutschland gekommen, der Vater als Metallarbeiter im Schichtdienst, die Mama ging in die Dosenfabrik. Ihr Sohn spricht Türkisch mit deutschem Akzent, und wenn man ihn fragt, was bei ihm richtig gelaufen ist, sagt er: „Meine Eltern haben mit mir Hausaufgaben gemacht.“ Bildung für Sohn und Tochter, das sei den Eltern extrem wichtig gewesen. Und irgendwann habe er selbst gemerkt: Nur mit guter Ausbildung „kann ich in dieser Gesellschaft bestehen“. Also einen guten Job bekommen, eine Familie gründen, Karriere machen.

Dann zitiert der Muslim Özdemir den Duisburger Alt-Oberbürgermeister Josef Krings, der wiederum den SPD-Übervater August Bebel folgendermaßen zitiert haben soll: „Die Emanzipation des Proletariers vollzieht sich durch Bildung.“ Deshalb sei als Partei für ihn nur die SPD infrage gekommen, weil die sich „seit 150 Jahren für das Recht auf Bildung unabhängig von Status und Geldbeutel“ einsetze.

Mahmut Özdemir würde sich jetzt im Bundestag gerne im Arbeits- oder Finanzausschuss für die SPD-Wähler einsetzen. Auf jeden Fall will er, einmal gewählt, im Parlament bleiben. Ist er Berufspolitiker? Ja, schon, sagt er, und stört sich dann doch am „negativen Klang“ des Wortes.

An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht. Wie der 26-Jährige mit Neidern in der Partei umgeht? Mahmut Özdemir überlegt. „Ich versuche sie einzubinden, für meine Arbeit zu gewinnen.“ Dann lacht er und sagt: „Den Neid habe ich mir aber auch hart erarbeitet.“ Ruth Ciesinger

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